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Was ist ein Rating?

Welche Bedeutung hat es für meine Geldanlage?

06.05.2024

Rubrik: Wissen

Autor: Markus Gäth

Wenn man sein Geld anlegt, möchte man in der Regel, dass sich dieses vermehrt. Das kann zum Beispiel durch Zinsen (wie bei Tages- und Festgeldern) oder durch Wertsteigerung (wie bei Aktien und Immobilien) erfolgen. Bei jeder Geldanlage gibt es aber immer ein gewisses Risiko, dass ich weniger Geld wieder raus bekomme als ich angelegt habe. Wie können mir Ratings dabei helfen, mein Geld in die richtige Anlage zu investieren, damit ich am Ende nicht mit Verlusten dastehe?

Im Überblick

Was ist ein Rating?

Ratings werden von professionellen Ratingagenturen erstellt und sollen die kurz- bis langfristige Zahlungsfähigkeit (auch Bonität genannt) einer Bank, eines Unternehmens oder eines ganzen Staates wiedergeben. Damit können sie gut genutzt werden, um das Ausfallrisiko einer Geldanlage einzuschätzen. Je höher das Rating, desto geringer ist das Risiko.

Wie werden Ratings ermittelt?

Ratings werden anhand von quantitativen und qualitativen Parametern ermittelt. Wie genau diese Paramter bewertet und zusammengeführt werden, ist allerdings geheim.

Welche Nachteile haben Ratings?

Ratings können die Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens letztlich auch nur schätzen und sind bei kurzfristigen Veränderungen im Zweifel nicht aktuell genug. Eine endgültige Sicherheit stellen sie also nicht dar.

Worauf ist zu achten?

Ratings sind ein theoretisches Mittel, um das Risiko einer Geldanlage zu ermitteln. Leider bleibt auch damit immer ein gewisses Restrisiko bei der Geldanlage. Investiertes Kapital sollte daher immer im Blick behalten werden (besonders in wirtschaftlich brisanten Zeiten). Um das Risiko bei der Geldanlage weiter zu reduzieren, sollte immer diversifiziert (Was ist Diversifikation?) werden.

Welche Geldanlage ist sicher?

Geldanlagen sind in der Regel unterschiedlich sicher beziehungsweise riskant. Wären alle Geldanlagen gleich sicher, würden alle Menschen einfach in die Anlage investieren, die den meisten Gewinn abwirft. Leider sind die Unterschiede bei der Sicherheit teilweise gravierend. Während ich bei der einen Anlage davon ausgehen kann, immer mein eingesetztes Geld plus ein wenig Gewinn rauszubekommen, muss ich bei einer anderen vielleicht damit rechnen, dass mein gesamtes eingesetztes Geld für immer verloren ist.

Zu den riskanteren Anlagearten, bei denen der Verlust des eingesetzten Geldes ganz oder in Teilen immer in Kauf genommen werden muss, sind zum Beispiel Optionsscheine oder Aktien. Zu den sicheren Anlagearten gehören dagegen Tages- und Festgelder.

Leider gilt aber, dass prinzipiell jede Anlage ein gewisses Risiko in sich birgt. Denn auch wenn ich in eine vermeintlich sichere Anlage wie ein Tages- oder Festgeld investiere, kann die gesamte Bank, bei der ich diese Anlage getätigt habe, pleitegehen. Gleiches gilt, wenn ich mein Geld statt in eine Bank direkt in ein Unternehmen (zum Beispiel über Unternehmensanleihen oder einen Direktkredit) oder einen ganzen Staat (zum Beispiel in Form von Staatsanleihen) investiere. Auch in solchen Fällen kann es passieren, dass das Unternehmen oder der Staat (quasi) pleite geht und ich mein eingesetztes Geld nur in Teilen oder auch gar nicht mehr ausgezahlt bekomme.

Bei den genannten Beispielen wird allerdings schon deutlich, dass die Wahrscheinlichkeiten eines Geldverlusts sehr unterschiedlich sein können. Während Unternehmenspleiten nichts ungewöhnliches sind und besonders häufig bei jungen Unternehmen eintreten, gehen ganze Staaten deutlich seltener pleite - aber sie tun es: Wikipedia: Liste von Staatsbankrotts .

Wie messe ich die Sicherheit einer Geldanlage?

Wenn ich mein angelegtes Geld nicht verlieren möchte, sollte ich mir daher (relativ) sicher sein, dass die Bank oder das Unternehmen, der/dem ich mein Geld anvertraue, mir dieses nach einer gewissen Zeit auch wieder zurückzahlt. Genauer ausgedrückt, muss ich feststellen, wie zuverlässig die Bank/das Unternehmen überhaupt ihren/seinen Geldgebern (inklusive Lieferanten, Angestellten, anderen Kunden etc.) Geld auszahlt und wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass die Bank/das Unternehmen das auch in Zukunft noch macht.

Das bedeutet, ich muss mir einen umfassenden Überblick über die finanzielle Situation der Bank oder des Unternehmens verschaffen. Werden alle Rechnungen pünktlich gezahlt? Erhalten die Mitarbeiter immer pünktlich ihr Geld? Werden Zinsen rechtzeitig ausgezahlt? (Wenn es bei diesen Punkten bereits hakt, ist es allerdings meistens schon zu spät!) Sind die Auftragsbücher voll? Wie hoch sind die Schulden des Unternehmens? Wie stark hängt das Unternehmen von der Konjunktur ab und wie entwickelt sich die Konjunktur überhaupt? Und viele, viele Dinge mehr...

Für mich als Privatperson kann es daher durchaus schwer sein, mir einen verlässlichen Eindruck über die Zahlungsfähigkeit einer Bank oder eines Unternehmens zu machen. Ich müsste zum Beispiel Bilanzen studieren (was ein gewisses Maß an Bilanzierungswissen und auch Erfahrung bedarf), Presseartikel studieren, Marktberichte lesen und Konjukturzahlen auswerten (um nur ein paar Informationsquellen zu nennen). Und selbst wenn ich das alles erledigt habe, hätte ich immer nur einen Blick von außen. Interne Unternehmenszahlen und -informationen, die nicht öffentlich zugänglich sind, aber vermutlich den besten Blick auf die Lage ermöglichen, hätte ich nicht.

Wie soll ich also die Zahlungsfähigkeit einer Bank oder eines Unternehmens vernünftig bewerten?

Wie Ratings und Scores die Sicherheit einer Geldanlage darstellen

So wie mir als Privatperson geht es auch institutionellen Anlegern. Auch sie wollen ihr Geld möglichst sicher anlegen oder zumindest wissen, wie riskant ihre Geldanlage jeweils ist (zum Beispiel um entsprechende Rückstellungen zu bilden oder andere Sicherheitsvorkehrungen vorzunehmen).

Grundsätzlich müssen auch diese Anleger die oben genannten Informationen zusammensammeln. Nur, dass sie das in der Regel eben professionell betreiben und eine gewisse Erfahrung in der Unternehmensbewertung haben.

Mit dem Sammeln der Informationen ist es zudem nicht getan. Nachdem alle relevanten oder zumindest verfügbaren Informationen vorliegen, werden diese bewertet und verdichtet. Diese Verfahren nennt man Rating oder Scoring.

Scoring

Das Scoring basiert auf zählbaren (quantitativen) Eigenschaften und Ereignissen - also zum Beispiel Anzahl und Höhe von Zahlungsausfällen, Höhe der Verschuldung, monatliches Einkommen und so weiter. Das Ergebnis des Scorings ist der Score. Er ist ein statistisches Maß, das ausschließlich mit mathematischen Methoden errechnet wird. So könnte ein hohes Einkommen zum Beispiel zu einem höheren Score führen als ein geringes Einkommen. In der Regel bedeutet ein hoher Score, dass die Zahlungsfähigkeit der untersuchten Person und des untersuchten Unternehmens gut ist. Ein niedriger Score bedeutet wiederum, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ich mein angelegtes Geld vielleicht nicht wiedersehe, entsprechend wächst.

Schufa Basisscore in % Ausfallwahrscheinlichkeit
> 97,5 Sehr gering
95-97,6 Gering bis überschaubar
90-95 Zufriedenstellend bis erhöht
80-90 Deutlich erhöht bis hoch
50-80 Sehr hoch
< 50 Sehr kritisch

Ein Beispiel für einen Score ist der Schufa-Score. Die Schufa (https://www.schufa.de/) ist eine privatwirtschaftliche “Auskunftei”. Sie ermittelt für ihre Auftraggeber, die gleichzeitig auch Datenlieferanten sind, die Scores zu anderen Privatpersonen und Unternehmen. Dazu stützt sie sich auf auswertbare Parameter wie zum Beispiel die bisherige Pünktlichkeit bei der Zahlung von Krediten, die Anzahl der Handyverträge und vielem mehr.

Rating

Das Rating basiert wie das Scoring auch auf quantitativen Daten, ergänzt diese aber um qualitative Parameter. Neben den reinen Auswertungen von Finanzkennzahlen werden also auch persönliche Einschätzungen vorgenommen, um die Zahlungsfähigkeit zu ermitteln. Grundlage für diese Einschätzungen können etwa Fragebögen oder Interviews sein, in denen Fragen zur finanziellen Situation und zur allgemeinen Stabilität des Unternehmens gestellt werden.

Wer ermittelt Scores und Ratings und warum?

Mittlerweile hat die Beurteilung von Zahlungsfähigkeiten ganze Branchen hervorgebracht. Dazu zählen vor allem die (Wirtschafts-)Auskunfteien (wie die Schufa) und die Ratingagenturen. Während sich die ersten vor allem auf Privatpersonen und Unternehmen konzentrieren, fokussieren sich Ratingagenturen vor allem auf Banken, Unternehmen und ganze Länder.

Zu den größten Ratingagenturen (deren Ratings wir auch hier auf Tagsgeld-Überblick aufführen) gehören:

  • Standard & Poor’s (S&P)
  • Moody's
  • Fitch
  • DBRS Morningstar (DBRS)

Die Ratings dieser Ratingagenturen gehen von AAA (bestes Rating) bis C beziehungsweise D (schlechtestes Rating). Die weichen in ihren Bezeichnungen leicht vonandeinander ab, können aber durchaus miteinander verglichen werden. In der Tabelle siehst du die Stufen der vier Agenturen für langfristige Ratings (also 1 Jahr und mehr), wie sie auch hier auf Tagesgeld-Überblick verwendet werden.

S&P Moody’s Ftich DBRS TÜ-Bewertung*
AAA Aaa AAA AAA Sehr sicher
AA+ Aa1 AA+ AAhigh
AA Aa2 AA AA
AA− Aa3 AA− AAlow
A+ A1 A+ Ahigh Sicher
A A2 A A
A− A3 A− Alow
BBB+ Baa1 BBB+ BBBhigh Relativ sicher
BBB Baa2 BBB BBB
BBB− Baa3 BBB− BBBlow
BB+ Ba1 BB+ BBhigh
BB Ba2 BB BB
BB− Ba3 BB− BBlow
B+ B1 B+ Bhigh Spekulativ
B B2 B B
B− B3 B− Blow
CCC+ Caa1 CCC CCC Unsicher
CCC Caa2 CC CC
CCC− Caa3
CC Ca C C
C
SD C RD D
D D

*) Tagesgeld-Überblick Bewertung: Unsere Bewertung stellt keine Empfehlung oder Beratung dar. Sie ist lediglich Ausdruck unser persönlichen Meinung.

Auch Banken bilden häufig Scores und Ratings. Diese dienen jedoch in der Regel internen Zwecken (zum Beispiel im Rahmen der Kreditvergabe) und sind selten öffentlich. Sie können also von Privatanlegern nicht genutzt werden.

Scores dagegen, die von Auskunfteien erstellt werden, kosten Geld oder werden nur Partnern mit entsprechenden Verträgen bereitgestellt. Das Geschäftsmodell einer Auskunftei ist es also, die gesammelten und aufbereiteten Daten gewinnbringend zu verkaufen.

Im Gegensatz dazu sind Ratings von einer Ratingagentur kostenpflichtig von demjenigen zu beauftragen, der selbst bewertet werden möchte. Ein Rating wird also nur dann erstellt, wenn es einen entsprechenden Auftraggeber gibt.

Es gibt zwar gelegentlich Ausnahmen, in denen eine Ratingagentur auf eigene Kosten ein Rating erstellt und veröffentlicht, aber das sind Einzelfälle. Gegebenenfalls kann es auch passieren, dass ein Investor/Kreditgeber selbst ein Rating zu einem entsprechenden Unternehmen erstellt haben möchte und die Kosten des Ratings trägt. Allgemein gilt aber, dass die Erstellung eines Ratings im Gegensatz zu einem Score Geld kostet.

Das ist auch ein wesentlicher Grund, warum viele Banken und Unternehmen nicht über Rating verfügen. Wenn sie selbst kein Rating benötigen, sparen sie sich ganz einfach das Geld.

Beim Scoring wird die Bewertung dagegen automatisch vorgenommen. Ich als Verbraucher muss zwar unter Umständen noch zustimmen, zum Beispiel, dass meine Bank meine Daten an die Schufa (oder an wen auch immer) weiterleiten darf, aber ansonsten habe ich damit nichts zu tun.

Neben der Tatsache, dass Ratings in der Regel öffentlich und für Anleger und Investoren kostenlos sind, haben sie den großen Vorteil, dass Ratingagentur bei der Erstellung ihrer Ratings einen Einblick in interne Informationen des Unternehmens bekommen. Der Blick von außen auf die Bank, das Unternehmen oder den Staat wird also um eine internen Blick ergänzt.

Für (Privat-)Anleger sind Ratings daher eine gute Möglichkeit, um die Sicherheit ihrer Anlage einzuschätzen, ohne selbst tagelange Recherchen und Analysen durchführen zu müssen.

Wann wird ein Rating benötigt?

Wie bereits erwähnt, haben viele Banken und Unternehmen gar kein Rating, das eine systematische Aussage über ihre Zahlungsfähigkeit zulassen würde. Der Grund dafür sind die beschrieben Kosten, die zu zahlen wären, wenn ein Rating in Auftrag gegeben würde.

Warum haben aber dann so viele andere Banken und Unternehmen ein Rating, wenn es doch nur Geld kostet und eine Ratingagentur sie nicht zwingen kann, eines zu erstellen?

Der Grund sind in der Regel andere Geldgeber und Investoren. Möchte ein Unternehmen von diesen Geld eintreiben, können sie die Vorlage eines aktuellen Ratings einfordern. Auch im Zusammenhang mit der Ausgabe von Anleihen oder einem Börsengang sind mitunter Ratings zu erstellen. Allgemein gesprochen erhöht ein Rating das Vertrauen in das Unternehmen (zumindest wenn es entsprechend gut ausfällt 😉).

Kann eine Bank, einer Unternehmen oder ein Staat also ein gutes Rating vorweisen, bekommt es mit großer Wahrscheinlichkeit auch von vielen Geldgebern Geld. Zusätzlich muss der Geldnehmer mit einem guten Rating in der Regel auch geringere Zinsen zahlen, als ein Geldnehmer mit schlechtem Rating. Es kann sich für einen Geldnehmer also durchaus lohnen, ein Rating erstellen zu lassen, wenn das bedeutet, dass er als Ergebnis eines guten Ratings weniger Zinsen für seine Kredite zahlen muss.

Wie genau wird ein Rating ermittelt?

Das genaue Vorgehen bei der Erstellung eines Ratings hängt von der jeweiligen Ratingagentur ab. Moody’s beschreibt zum Beispiel einen Prozess mit sechs Schritten (Moody’s: https://de.ratings.moodys.io/ratings). Wie das Rating dabei genau ermittelt wird, bleibt jedoch unklar - oder besser gesagt, geheim.

Denn jede Agentur wendet zur Ermittlung des Ratings eine eigene Formel an, die nicht oder nur zum Teil öffentlich ist. Von Zeit zu Zeit erläutern die Agenturen allerdings einzelne Aspekte ihres Algorithmus in unterschiedlichen Veröffentlichungen, aber die Gesamtformel lässt sich nirgends nachlesen.

Wir können daher nur allgemein auf die Ermittlung eines Ratings eingehen. Prinzipiell schauen sich die Ratingagenturen aber zum Beispiel folgende quantitative und qualitative Parameter zur Ermittlung eines Ratings an:

  • Finanzielle Kennzahlen: Umsatz, Gewinnmargen, Cashflow, Verschuldungsgrad, Liquidität, …
  • Branchenumfeld: Branchendynamik, Marktbedingungen und Wettbewerbssituation
  • Managementqualität: Kompetenz und Erfahrung des Managements sowie Verhalten während des Ratingprozesses
  • Unternehmensstruktur: Geschäftstätigkeit, geografische Diversifikation, …
  • Marktposition und Wettbewerbsfähigkeit: Marktanteile, Kundenbindung, Alleinstellungsmerkmale, …
  • Rechtliche und regulatorische Rahmenbedingungen: Rechtliche Streitigkeiten, regulatorische Änderungen, Compliance-Probleme, …

Bei den genannten Parametern wird deutlich, dass viele davon nicht mathematisch als richtig oder falsch eingestuft, sondern nur subjektiv beurteilt werden können.

Welche Nachteile haben Scorings und Ratings?

Damit sind wir auch direkt bei den Schattenseiten der üblichen Bewertungsverfahren.

Scoring

Denn selbst beim Scoring, dass sich ausschließlich auf quantitative Größen bezieht, bleibt ausreichend Spielraum für Interpretation und Diskussion. Denn wer sagt, dass jemand, nur weil er viele Handyverträge hat, auch eine schlechte Kreditwürdigkeit hat? Im Zweifel ist das zwar statistisch sauber hergeleitet, aber dadurch ist noch längst nicht jeder Einzelfall abgedeckt. Berechtigte Ausnahmen von der Regel werden also trotzdem mit dem Durchschnitt verglichen und bekommen nur deshalb einen schlechteren Score, weil sie drüber oder drunter liegen.

Auskunfteien wie die Schufa müssen sich zudem regelmäßig Beschwerden über die Transparenz ihrer Methoden anhören. Wo kommen die Daten genau her, die sie verarbeiten? Wie werden die Daten bewertet und verdichtet?

Extreme Ausprägungen sind zum Beispiel das sogenannte Geoscoring. Bei diesem Verfahren wird die unmittelbare Nachbarschaft einer bestimmten Person oder besser gesagt Adresse analysiert. Wohnt dann jemand, der einen Kredit aufnehmen möchte, in einer Gegend, in der zum Beispiel häufig Kredite nicht bezahlt werden, Pfändungen stattfinden oder der Dispo überzogen wird, wird daraus automatisch auf die Zahlungsmoral dieser Person geschlossen. Selbst wenn diese sich bislang nichts hat zuschulden kommen lassen.

Zwar ist Geoscoring als alleiniger Faktor für ein Scoring in Deutschland verboten, er darf aber durchaus in Kombination mit anderen Faktoren eingesetzt werden.

Welche Parameter letztlich aber zum Einsatz kommen, wird in der Regel nicht mit der Öffentlichkeit geteilt (was ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus 2014 in Bezug auf die Schufa auch rechtfertigt: Urteil des VI. Zivilsenats vom 28.1.2014 - VI ZR 156/13 - (bundesgerichtshof.de)). Für viele Kreditnehmer kommt daher beim Versuch, einen Kredit aufzunehmen oder einen neuen Handy-Vertrag abzuschließen, eine böse Überraschung, wenn sie auf einmal eine Absage erhalten.

Rating

Aufgrund der hohen Kosten eines Ratings kommen sie eher bei institutionellen Angelegenheiten ins Spiel - also bei Banken, Unternehmen oder ganzen Staaten. Das bedeutet aber gleichzeitig, dass Ratings auch direkten Einfluss auf die Entwicklung von Banken, Unternehmen und ganzen Staaten nehmen können.

Stellt eine Rating-Agentur einem Staat ein schlechtes Rating aus, steigen damit unmittelbar die Zinsen, die der Staat für neues Geld ausgeben muss. Das kann schnell existentiell bedrohlich für die Staatskasse werden.

Da Ratings zudem auf qualitativen, also subjektiven Parametern beruhen, sind sie zudem deutlich angreifbarer. Ratingagenturen könnten also mit einer menschlichen Entscheidung für ein schlechtes Rating sorgen und damit ein Unternehmen oder eben einen ganzen Staat ins Wanken bringen.

Hinzu kommt, dass die Ratingagenturen direkt von den Auftraggebern bezahlt werden. Somit besteht eine gewisse Abhängigkeit beziehungsweise ein möglicher Interessenkonflikt, da die Ratingagentur den eigenen Auftraggeber bewertet.

Eine Ratingagentur steht also häufig zwischen zwei Stühlen. Erstellt sie “zu gute” Ratings, muss sie sich im Zweifel den Vorwurf gefallen lassen müssen, im Sinne des Auftraggebers geurteilt zu haben. Sind die Ratings “zu schlecht”, riskiert sie damit die finanzielle Gesundheit eines Unternehmens oder eines ganzen Staates, was schnell einen Dominoeffekt haben kann (so wie in der Finanzkrise 2008, als eine Bank nach der andere ein schlechtes Rating erhalten hat, was den allgemeinen Abwärtstrend noch beschleunigt hat).

Neben all diesen Vorwürfen möchten wir von Tagesgeld-Überblick vor allem auf den theoretischen Ansatz hinter den Ratings verweisen. Ratings sollen nämlich gar keine Garantie für einen Ausfall der Zahlungsfähigkeit darstellen, sondern ausschließlich die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Zahlungsausfall eintreten könnte.

Ratingagenturen schauen also weniger darauf, ob ein einzelnes Unternehmen mit einem hohen Rating auch wirklich in ein paar Jahren noch am Markt ist, sondern sie schauen auf die Masse der Unternehmen (siehe zum Beispiel Moody’s Seite 7: Anleihe-Ratings und der Ratingprozess bei Moody's - ein Leitfaden für die Teilnehmer am Kapitalmarkt (moodys.com)).

Das bedeutet in der Realität, dass auch ein Unternehmen mit hohem Rating durchaus einmal pleite gehen kann, während ein Unternehmen mit einem schlechten Rating auch in vielen Jahren weiterhin seinen Geschäften nachgeht. Für Anleger bedeutet das, dass ein Rating eben keine Garantie für irgendetwas ist und sie auch bei einer Anlage mit Top-Rating immer noch einem gewissen Risiko ausgesetzt sind.

Falls ein Anleger also genau auf diese eine Anlage mit gutem Rating setzt und sein gesamtes Geld dadurch verliert, wird er sich durch das gute Rating kein Stück besser fühlen als derjenige, der sein Geld bei einer Anlage mit durchschnittlichem oder schlechtem Rating verloren hat.

Ein gutes Rating ist also weder ein Garant dafür, dass ein Unternehmen auch morgen noch wirtschaftlich gesund da steht noch führt ein schlechtes Rating zwangsläufig dazu, dass ein Unternehmen bankrott geht.

Hinzu kommt, dass Ratingagenturen naturgemäß auch keine Glaskugel besitzen und die Zukunft daher auch nur bedingt abschätzen können. Sie müssen sich daher oft den Vorwurf anhören, dass ihre Ratings eigentlich nur den allgemeinen Erwartungen folgen. Wird also von einer steigenden Konjuktur ausgegangen, erhalten die Unternehmen häufig auch bessere Ratings. Verschlechtert sich die allgemeine Wirtschaftslage, sind vermehrt schlechte Ratings die Folge. Die Ratings spiegeln daher eher einen aktuellen Zustand wider als eine tatsächliche zukünftige Entwicklung.

Ein Beispiel hierfür ist wieder die Finanzkrise 2008. Hier hatten viele Banken bis kurz vor Ausbruch noch beste Ratings. Die Bank Lehman Brothers, die die Wirtschaftskrise so richtig ins Rollen gebracht hat, hatte noch wenige Tage vor ihrem Bankrott ein A-Rating.

Im weiteren Verlauf der Krise erhielten immer mehr Banken ein schlechtes Rating, was die Finanzkrise weiter verschlimmerte und die oben erwähnten Nachteile beziehungsweise Vorurteile gegenüber den Ratingagenturen untermauerte.

Unsere Sicht auf Ratings

Wie so oft im Leben, gibt es zwei Blickrichtungen auf das Thema. Ratings stellen zum einen eine gute und einfache Möglichkeit dar, die Sicherheit einer Geldanlage einzuschätzen. Und die Sicherheit einer Geldanlage ist in den meisten Fällen ein ganz entscheidender Faktor, den man als Privatperson mit anderen Mitteln kaum beurteilen kann.

Ratings (und auch Scores) haben aber ihre Grenzen. Sie sind ein theoretischer Indikator, der in der Praxis dennoch dazu führen kann, dass eine Bank, ein Unternehmen oder ein ganzer Staat trotz gutem Rating in die Insolvenz rutscht. Umgekehrt ist mein Geld bei einem Investment mit einem schlechten Rating nicht automatisch verloren.

Ich bin also als Anleger immer in der Pflicht, ein Auge auf mein Kapital zu haben. Wirtschaftliche Zustände können sich schnell ändern und dann heißt es handeln. Gleichzeitig entwickeln sich Konjunktur- und Wirtschaftskrisen nicht über Nacht. Ein paar Wochen oder Monate hat man in der Regel Zeit, die Situation zu beobachten.

Ein unschönes aber deutliches Beispiel ist der russische Überfall auf die Ukraine. Hier hat es ein paar Monate gedauert, bis russische Banken vom europäischen Zahlungsverkehr ausgeschlossen wurden. Zudem wurde diese Maßnahme ausführlich in den Medien diskutiert. In dieser Zeit konnten Privatanleger mit Kapital auf russischen Banken ihr Geld auf europäische Konten überweisen.

Aus unserer Sicht ist in stabilen wirtschaftlichen Lagen ein ausschließlicher Fokus auf Top-Ratings daher nicht zwingend erforderlich. Ein solides mittleres Rating reicht hier vollkommen aus, um ein kurzfristiges Investment zu tätigen (zum Beispiel 1-2 Jahre). Banken mit explizit schlechtem Rating sollten aber dennoch gemieden werden, da die Situation dieser Banken weniger von der allgemeinen Konjunktur als vielmehr von ihrer persönlichen Wirtschaftslage abhängt.

Schwieriger ist es bei Banken, die kein eigenes Rating besitzen. Hier kann keine pauschale Aussage getroffen werden. Ein fehlendes Rating deutet weder auf eine schlechte noch auf eine gute Zahlungsfähigkeit hin. Viele Tagesgeldvergleiche und Finanzportale verweisen daher zusätzlich auf das jeweilige Länderrating, da bei einer Pleite der jeweiligen Bank der Einlagensicherungsfonds des entsprechenden Landes für die Ausfälle eintreten muss. Und je nachdem wie zahlungsfähig das Land dann ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich aus dem Sicherungsfonds mein Geld erhalte.