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Kann mir KI bei meiner Geldanlage helfen?

Oder kann mich KI sogar reich machen?

21.09.2025

Rubrik: Investigativ

Autor: Markus Gäth

Künstliche Intelligenz (KI) ist nicht nur in aller Munde, sondern mittlerweile auch auf so ziemlich jedem Handy, Laptop, Fernseher und Küchengerät verfügbar. Kaum ein Bereich soll nicht durch KI erleichtert und verbessert werden. Aber wie sieht es mit der Finanzwelt aus? Kann KI auch mir als Privatanleger helfen oder sogar den entscheidenden Tipp geben, um mich finanziell ganz nach vorne zu bringen?

Im Überblick

KI ist nicht gleich KI

Der Begriff "Künstliche Intelligenz" ist ein Oberbegriff für eine ganze Reihe unterschiedlichster Technologien. Als Privatanleger ist man allerdings auf vorhandene Angebote angewiesen. Ein KI-Modell selbst zu entwickeln, ist für Otto-Normalverbraucher kaum möglich.

Wie setze ich als Privatanleger KI am besten ein?

Am einfachsten ist die Nutzung von sogenannten Robo-Advisorn. Diese legen dein Geld nach deinen hinterlegten Risiko- und Anlagepräferenzen automatisch für dich an.

Kann ich auch KI-Chats wie ChatGPT und Copilot einsetzen?

Ja, man kann KI-Chats durchaus nutzen, um sich allgemeine Tipps und Hinweise zu Geldanlage und Finanzplanung geben zu lassen. Allerdings liefern diese Tools in der Regel nur allgemeine Antworten, die auch missverständlich oder sogar irreführend sein können. Solche Tools sollten daher nur als Ergänzung zu anderen Informationsquellen genutzt werden.

Was ist KI eigentlich?

Wenn man nur oberflächlich mit KI zu tun hat, weil man etwa nur ab und zu darüber in den gängigen Medien liest, erscheint es schnell so, als wäre KI eine einzelne Technologie, die man beliebig überall einbauen könnte, um ein vorhandenes Computersystem denkfähig und damit noch besser zu machen.

Stattdessen ist KI lediglich der Oberbegriff für eine ganze Reihe unterschiedlichster Technologien, die sich damit beschäftigen, natürliche Intelligenzmuster (oder das, was wir dafür halten) auf Bereiche der Informationstechnik zu übertragen.

Anders ausgedrückt, geht es darum, dass Computer durch KI in die Lage gebracht werden, nicht anhand von fest vorgegebenen Regeln (nämlich dem vom Programmierer vorgegebenen Programm-Code) eine Aufgabe abzuarbeiten, sondern die Regeln und Parameter für die korrekte Abarbeitung einer Aufgabe selbst zu erarbeiten.

Welche KI-Methoden eignen sich am besten für Finanzfragen?

Der KI-Werkzeugkasten ist ziemlich groß. Vom “einfachen” Machine Learning bis hin zu generativer KI mittels Large Language Models gibt es ein breites Spektrum an Technologien, die jeweils für ganz unterschiedliche Ansätze genutzt werden können. Damit stellt sich schnell die Frage: “Welche KI-Methoden kann ich für Finanzfragen am besten nutzen?”

Zunächst muss man festhalten, dass es in der Vergangenheit natürlich schon früh computergestützte Ansätze gab, um Entwicklungen auf dem Finanzmarkt vorherzusagen. Diese basierten in der Regel auf Statistik. Man versuchte (und versucht immer noch) durch statistische Berechnungen von vorhandenen Daten, Rückschlüsse auf die Zukunft zu bekommen.

Wenn die Aktie in den letzten 2 Tagen um X% gestiegen ist, wie hoch ist dann die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch morgen steigt und um wie viel Prozent?

Im Kern versucht KI auch heute nichts anderes als Statistiken zu ermitteln und daraus Wahrscheinlichkeiten abzuleiten. Nur, dass wir die Statistiken nicht mehr selbst mühsam programmieren müssen, sondern die KI diese für uns anhand unzähliger Parameter selbst herausfindet (oder zumindest herausfinden soll). Dafür muss man der KI allerdings das passende KI-Modell zugrunde legen, das in der Lage ist, die möglichst passenden Statistiken zum Beispiel für die Vorhersage von Aktienkursen zu ermitteln.

Als Otto-Normalsparer wird man allerdings kaum in der Lage sein, sein eigenes KI-Modell oder überhaupt irgendwelche KI-Komponenten selbst zu entwickeln. Stattdessen ist man darauf angewiesen, vorhandene Angebote am Markt zu nutzen.

Robo-Advisor

Ein Tool, das bereits seit Jahren am Markt genutzt werden kann, sind sogenannte Robo-Advisor. Das sind Programme, die mehr oder weniger selbstständig das eingezahlte Geld der Kunden in unterschiedliche Anlageformen investieren - Aktien, Anleihen, ETF und so weiter.

Eine wichtige Eigenschaft eines Robo-Advisors ist es, bei den Ver-/Kaufentscheidungen die hinterlegten Risikopräferenzen des Kunden zu berücksichtigen. Kunden werden dazu in bestimmte Risikoklassen eingeteilt. Der Robo-Advisor kauft also nicht für alle Kunden dieselben Aktien und ETFs. Stattdessen sieht das Portfolio eines risikofreudigen Kunden anders aus als das eines risikoscheuen Kunden.

Einige dieser Robo-Advisor haben mittlerweile KI im Bauch und treffen ihre Entscheidungen damit auf Grundlage von gelernten beziehungsweise antrainierten Erfahrungen. Vor KI basierten die Investitionsentscheidungen auf fest programmierten Algorithmen, also Regeln, die ein Programmierer im Quell-Code des Robo-Advisors hinterlegt hatte.

Wichtiger Hinweis

Nicht jeder Robo-Advisor setzt automatisch KI ein. Viele Robo-Advisor arbeiten nach wie vor ohne KI, was sie aber nicht zwangsläufig schlechter oder besser macht. Es kommt eher darauf an, wie gut die Regeln sind, nach denen der Robo-Advisor seine Entscheidungen trifft. Ein schlechtes oder einfach unpassendes KI-Modell kann zu sehr ungünstigen Entscheidungen führen, während ein gut programmierter Robo-Advisor in den passenden Situation sehr lukrative Entscheidungen trifft - und umgekehrt. Wie gut ein Robo-Advisor funktioniert, kann daher (wie bei menschlichen Entscheidungen auch) erst im Nachhinein gesagt werden.

Dadurch entschied sich ein Robo-Advisor in bestimmten Situationen immer gleich, weil er sich strikt an seinen Quell-Code gehalten hat. Je nachdem wie die KI eingesetzt wird, könnte der Robo-Advisor jetzt lernen, dass seine Investitionsentscheidung in einer bestimmten Situation nicht optimal war und sich in Zukunft daher anders verhalten - ob er es dann besser oder schlechter macht, wird man sehen.

Wenn man solche vorhandenen Tools wie Robo-Advisor nutzt, wird die eigene Anlagestrategie aber natürlich nicht mehr unterscheidbar von anderen, schließlich nutzen ja viele andere Menschen dieselbe Lösung. Und bislang hat sich keiner der öffentlichen Robo-Advisor als “Gelddruckmaschine” behaupten können.

Die Vorteile von Robo-Advisorn liegen aber woanders. Nämlich in ihrer Einfachheit und ihrem Mangel an Nervosität. Die größte Gefahr für Privatanleger besteht bekanntlich darin, dass sie ihr Geld entweder zu spät anlegen (nachdem der eigentliche Boom längst vorbei ist und wir uns bereits auf dem Höhepunkt befinden) oder es sich zu früh auszahlen lassen (nämlich mitten im Abwärtstrend, anstatt diesen auszusitzen und auf den Aufschwung zu warten, der die Verluste wieder ausgleichen würde).

Da Robo-Advisor zudem aktiv das Depot optimieren, also Aktien kaufen oder verkaufen, sind sie am ehesten mit aktiv gemanagten Fonds vergleichbar. Solche Fonds verlangen für ihren Service, dass dort hoch ausgebildete Finanzmanager sitzen und Entscheidungen treffen, in der Regel hohe Gebühren. Diese fallen beim Robo-Advisor oft deutlich geringer aus, weil dort keine Armada von Finanzjongleuren sind, sondern der Computer die Entscheidungen trifft und der kostet deutlich weniger als ein Haufen Menschen. Robo-Advisor bieten sich also vor allem für Menschen an, die sich selbst keine großen Gedanken über Geldanlage machen möchten, ihr Geld aber trotzdem gut verwaltet wissen wollen.

Anbieter von KI-basierten Anlageprodukten / Fonds

Neben allgemeinen Robo-Advisorn, die in der Regel in Form von ETF-Sparpläne das Kundengeld anlegen, gibt es auch zahlreiche Anbieter, die eigens kreierte ki-basierte Produkte anbieten. In der Regel sind das Fonds, die ihre Portfolioentscheidungen mittels KI treffen.

Solche Angebote funktionieren also ähnlich wie Robo-Advisor, weil sie die eingesetzten Kundengelder automatisch investieren. Ein solcher Fonds berücksichtigt dabei aber nicht die jeweiligen Risikoneigungen der Kunden. Er trifft stattdessen die Kaufentscheidungen, die am besten zu seinem eigenen Portfolio passen.

Bei der Suche nach KI-basierten Fonds muss man jedoch vorsichtig sein. Bei der Suche landet man schnell bei Fonds, die in Aktien investieren, die etwas mit KI zu tun haben. Also zum Beispiel in Aktien von OpenAI (Betreiber von ChatGPT) oder von NVIDIA (Hersteller von Computerchips, die für den Betrieb von KI-Rechenzentren genutzt werden). Diese Fonds investieren zwar in KI-Werte, aber die Käufe und Verkäufe basieren nicht zwangsläufig auf KI-Entscheidungen.

Beispiele für Fonds, die damit werben, aktiv KI-Technologie einzusetzen, sind etwa der DWS Concept ESG Arabesque AI Global Equity oder der QUANTMADE AI Quant Fund. Beide Fonds haben wir allerdings nicht näher untersucht und sind keine Kaufempfehlung. Sie sollen nur als Beweis dienen, dass es KI-basierte Anlageprodukte gibt, in die man investieren kann.

Diese Klasse der KI-basierten Anlagemöglichkeiten ist aber auch sehr diffus und breit gestreut. Hier gibt es zwar Fonds, die damit werben, KI-basierte Entscheidungen zu treffen und die für Privatanleger zugänglich sind, aber viel größer dürfte das Spektrum an Anlageprodukten sein, das nur für institutionelle oder sehr wohlhabende Anleger zugänglich ist.

Hedgefonds können hier zum Beispiel erwähnt werden, die für Privatanleger in der Regel nicht offen sind. Diverse Family Offices und andere Marktakteure dürften mittlerweile auch KI einsetzen. Kleine Privatanleger sind hiervon aber üblicherweise ausgeschlossen, sodass wir diese Möglichkeiten hier nur kurz erwähnen, aber auch gleich wieder vergessen.

Generative KI - ChatGPT und Co.

Kommen wir zur wohl neuesten aber auch unspezifischsten Alternative, sich von KI bei der Geldanlage beraten zu lassen. Die Rede ist von generativer KI wie ChatGPT und Co. sie einsetzen. Diese Helfer führen zwar nicht direkt unsere Käufe und Verkäufe durch, aber die eigenen Kaufentscheidungen lassen sich mit ihnen vorbereiten, um dann selbst sein Geld auf Grundlage der bereitgestellten Informationen zu investieren.

Hier betreten wir die Welt der sogenannten Large Language Models (oder kurz LLM - zu deutsch: Große Sprachmodelle). Wie der Name verrät, zeichnen sich diese Modelle dadurch aus, dass sie natürliche Sprache verarbeiten können - und davon eine ganze Menge (daher das Large).

LLM wie ChatGPT sind aber nicht speziell für Finanzfragen ausgelegt, sondern bilden ein möglichst großes Spektrum an Informationen ab. Der Vorteil ist wiederum, dass man seine Frage natürlicher Sprache formulieren kann, so, als würde man mit einem echten Menschen sprechen. ChatGPT nimmt diese Frage, interpretiert sie und fängt an, auf Grundlage seines Sprachmodells eine Antwort zu bilden.

Die Antwort setzt sich wiederum aus Wahrscheinlichkeiten zusammen. Wie wahrscheinlich ist es, dass auf die gestellte Frage die Antwort zum Beispiel mit dem Wort “Aktien” beginnt. Danach wird die Wahrscheinlichkeit für das zweite Wort ermittelt und so weiter, bis die Antwort fertig ist.

Es handelt sich also ziemlich erkennbar nicht um echte Intelligenz, die die Frage wirklich versteht, sondern letztlich wieder um Statistik. Jedes Wort in der ausgegebenen Antwort steht dort, weil es laut dem zugrundeliegenden LLM wahrscheinlich dorthin gehört. ChatGPT versteht also weder die Frage noch die Antwort wirklich inhaltlich.

Wer dieses Grundprinzip versteht, kann sich auch schnell erklären, worin die Grenzen eines LLM bestehen. Die Zukunft voraussagen kann ein LLM zum Beispiel nicht. Aber auch Antworten, die sich auf die Vergangenheit beziehen, müssen nicht richtig sein. Schließlich ermittelt ein LLM nur die Wahrscheinlichkeiten der einzelnen Worte und prüft nicht, ob die Antwort historisch korrekt ist. Dieses Verhalten nennt man treffender Weise “Halluzinieren”. Das LLM glaubt die Antwort zu kennen, liefert aber völligen Unsinn zurück.

Der Selbstversuch

Wir haben dennoch einmal ein paar gängige KI-Tools gefragt: ChatGPT (von OpenAI) und Copilot (von Microsoft) nach ein paar Finanztipps gefragt, um zu prüfen, ob wir nicht doch den einen oder anderen Tipp herausbekommen, der uns nach vorne bringen könnte:

  • Allgemeine Investitionsempfehlungen
    • Ich habe ein Vermögen von 10.000 EUR. Ich bin Mitte 30 und möchte dieses Geld sinnvoll anlegen. Wie sollte ich vorgehen?
    • Ich habe ein Vermögen von 100.000 EUR…
    • Ich habe ein Vermögen von 1.000.000 EUR…
  • Konkrete Investment-Tipps und Zukunftsprognosen
    • In welche Aktie sollte ich investieren?
    • Wie werden sich die Zinsen entwickeln?
    • Welches Tagesgeldkonto sollte ich nutzen?
  • Finanzplanung
    • Wie kann ich mit einem monatlichen Budget von 500 Euro am besten investieren?
    • Ich habe ein Einkommen von xxx und …. Wie viel Geld sollte ich monatlich zur Seite legen, um mit 50 in den Ruhestand gehen zu können?
  • Allgemeine Fragen
    • Welche Anlagestrategie ist für einen risikofreudigen Anleger am besten geeignet?
    • Wie kann ich mein Portfolio am besten diversifizieren?
    • Welche Trends und Entwicklungen im Finanzmarkt sollte ich im Auge behalten?
    • Wie werde ich Millionär?

    Wie gut waren die Antworten?

    Allgemeine Investitionsempfehlungen

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    Sowohl ChatGPT als auch Copilot haben all unsere Fragen zu allgemeinen Investitionsempfehlungen ziemlich ausführlich beantwortet. Außerdem haben beide in ihren Antworten auch jeweils ein paar grundsätzliche Tipps und Hinweise gegeben, was bei der Anlage des Vermögens zu beachten ist. Etwa wie wichtig es ist, immer einen gewissen Notgroschen zur Seite zu legen.

    Je nach verfügbarem Kapital wurden hier von beiden Tools zwischen 10-30% als Liquiditätspuffer genannt. Je größer das Vermögen, desto geringer fiel dabei der Anteil aus. Bei 10.000 EUR sollten also eher 2.000-3.000 EUR zur Seite gelegt werden und bei 1 Mio. EUR 100.000.

    Insgesamt gefielen uns sowohl die Antworten von ChatGPT als auch von Copilot durchaus gut. Copilot kam zwar grundsätzlich etwas zügiger zum Punkt und schlug direkt eine konkrete Aufteilung und zum Beispiel mögliche ETFs vor, ChatGPT bot dafür mehr Kontextinformation an und legte größeren Wert auf die Aufstellung einer grundlegenden Anlagestrategie: Möchte ich mein Geld eher passiv oder eher aktiv anlegen? Wie lange soll der konkrete Anlagehorizont sein? Habe ich bereits die notwendigen Versicherungen abgeschlossen, bevor ich mein Geld investiere?

    Interessant zu beobachten war bei beiden Tools außerdem, dass die Anlageoptionen bei zunehmendem Vermögen auch immer etwas mehr wurden. Bei kleinem Kapital wurden vor allem ETFs und Festgelder empfohlen. Bei größerem Vermögen kamen dann Immobilienfonds oder Private Equity hinzu. Sowohl ChatGPT als auch Copilot passen ihre Antworten also bewusst auf die Höhe des Vermögens an. So nahm auch der Grad der Diversifikation mit höheren Vermögen weiter zu, was sehr sinnvoll ist, da eine zu starke Diversifikation bei kleineren Vermögen kaum Sinn macht, weil man sonst lauter Kleinstbeträge verteilt, die zum Beispiel durch Transaktionsgebühren schnell unrentabel werden können.

    Ein Tagesgeldkonto für den erwähnten Notgroschen war übrigens bei beiden Tools und jeder Vermögenshöhe die empfohlene Ausgangsbasis für die weitere Anlagestrategie (wer noch ein passendes Tagesgeldkonto sucht, hier geht es zu unserem Tagesgeldvergleich).

    Beide Tools haben sich bei unseren Fragen keine Blöße gegeben und jeweils gute und vernünftige Antworten gegeben. Es wurden keine halsbrecherischen Anlagetipps gegeben und erst recht keine Antworten “halluziniert”. Da unsere Fragen aber auch sehr allgemein gestellt wurden, war das durchaus zu erwarten.

    Konkrete Investment-Tipps und Zukunftsprognosen

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    Kommen wir zu spannenderen Fragen und versuchen, der KI ein paar Geheimtipps zu entlocken. Fragen wir nach konkreten Investment-Tipps, bei denen sich die KI nicht mit allgemeinen Ratschlägen behelfen kann.

    Wir wollen nacheinander wissen, in welche Aktie zu investieren ist, wie sich die Zinsen entwickeln werden (um etwa gewagte Zinswetten einzugehen oder die Entscheidung für den Hauskredit davon abhängig zu machen) und nach dem optimalen Tagesgeldkonto.

    Hierbei stellen wir vor allem fest, dass ChatGPT sich unsere vorherigen Fragen gemerkt hat. Wir bekommen nämlich den Hinweis, dass es ein hohes Risiko ist, wenn wir 1 Mio. EUR in eine einzelne Aktie investieren. Bei Copilot hingegen kam dieser Hinweis nicht.

    Nachdem wir in ChatGPT einen neuen Chat gestartet hatten, sah das Ergebnis dann aber strukturell mehr oder weniger identisch zu dem von Copilot aus. Wir bekamen drei konkrete Aktientitel genannt, von denen es hieß, dass sie aktuell von Analysten als “interessant” bewertet werden.

    Copilot meldete uns Microsoft, Apple und NVIDIA als heiße Kandidaten zurück. Bei ChatGPT waren es Microsoft, Tesla und NVIDIA. Damit waren dann auch gleich zwei von drei genannten Aktien identisch. Außerdem handelt es sich bei den Titeln um absolute Standardwerte. Damit ist die Antwort so unverfänglich, wie sie nur sein kann.

    Spannender wurde es, als wir unsere Frage konkretisiert haben: “Ich möchte 10 jahre halten und einen echten Geheimtipp bekommen!” bzw. “Ich möchte wenige Monate halten und einen echten Geheimtipp bekommen!”

    Jetzt wurden die Antworten von Copilot und ChatGPT deutlich kreativer. Copilot gab dazu auch die konkreten Quellen an, aus denen es diese Informationen gezogen hat. Die verlinkte Seite war ein typischer Finanzblog, der Aktienempfehlungen gibt.

    Auch ChatGPT wird in diesen Fällen seine Informationen aus öffentlichen Webseiten bezogen haben. Um echte “Geheimtipps” wird es sich also kaum handeln. Zudem kann nur bedingt geprüft werden, ob die Quellen seriös sind, da ChatGPT erst gar keine Quellen angegeben hat.

    Ähnlich verhielt es sich mit der Frage nach der Zinsentwicklung. Sowohl ChatGPT als auch Copilot fassten Informationen von öffentlichen Webseiten zusammen und gaben eine kurze Zusammenfassung. Neben der reinen Einschätzung umfasste das auch die möglichen Einflussfaktoren, die zu beachten sind. Copilot gab noch ein paar Hinweise, welche Bedeutung eine Änderung der Zinsen auf Tages- und Festgeld, Kredite und Investments haben würde. ChatGPT ging dafür etwas stärker auf die Einflussfaktoren und die eigentliche Progonose ein.

    Bei der Fragen nach dem besten Tagesgeldkonto führten beide Tools wieder konkrete Anbieter auf. Diese unterschieden sich allerdings überraschender Weise recht stark. Beide Tools nannten in diesem Fall die Quellen, aus denen sie die Informationen gezogen haben.

    Was uns hier besonders gut gefiel, waren die zusätzlichen Hinweise von ChatGPT, welche Faktoren bei der Auswahl eines Tagesgeldkontos zu berücksichtigen sind (also neben dem reinen Zinssatz die Zinsgarantie, der Auszahlungszeitpunkt, die Einlagensicherung und vieles mehr). Für die aufgeführten Tagesgeldangebote wurden diese Faktoren zwar nicht weiter beleuchtet, aber die Faktoren deckten sich zu 100% mit den von uns herangezogenen Bewertungskriterien aus unserem Tagesgeldvergleich.

    Finanzplanung

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    Als Beispiel für eine Finanzplanung haben wir uns eine ambitionierte Frührente mit 50 Jahren überlegt. Spannend bei dieser Art von Frage ist vor allem, mit welchen Annahmen die Tools ihre Berechnungen anstellen. Zum Beispiel kann eine zu hohe Annahme für die Rendite, die ich auf das angesparte Kapital erhalte, später im Ruhestand zu echten Problemen führen. Denn schließlich wird ein Großteil meiner Einkünfte in dieser Phase aus genau dieser Rendite bestehen. Gehe ich hier zu optimistisch ins Rennen, muss ich später womöglich Abstriche machen, weil ich einfach nicht genug Geld mit meinem Kapital verdiene.

    Der wesentlichste Punkt ist aber wohl, wie alt ich aktuell bin und wie viel Zeit mir also bleibt, um mit 50 in den Ruhestand gehen zu können. Wenn ich 48 Jahre alt bin und nicht schon ein großes Vermögen aufgebaut habe, wird mein Plan vermutlich scheitern. Bin ich Anfang 20, habe ich ganz andere Startbedingungen.

    Direkt angeschlossen bestehen die Fragen, ob ich bereits über ein gewisses Kapital verfüge und ob die Kapitalerträge meine einzige Geldquelle sein werden. Wir haben diese Punkte bewusst offen gelassen. Ein seriöser Finanzberater würde diese Punkte als allererstes klären. Machen die Tools das auch?

    Darüber hinaus gibt es weitere Parameter wie die angenommene Rentendauer. Muss mein Geld für 10, 20 oder 30 Jahre reichen? Wie hoch ist mein Geldbedarf überhaupt im Ruhestand? Und noch weitere Dinge.

    Beim Treffen genau dieser Annahmen haben sich die beiden getesteten Tools stark unterschieden. ChatGPT hat als Rendite nach Inflation 5% angenommen und direkt unterschiedliche Ergebnisse für einen jährlichen Kapitalbedarf von 40.000 bis 80.000 EUR pro Jahr ausgerechnet. Außerdem wurde angenommen, dass ich 35 Jahre alt bin und damit noch 15 Jahre zum Ansparen habe. Zu den weiteren Parametern wie Rentendauer oder wie hoch genau die Inflationsrate angesetzt wurde, wurde nichts gesagt.

    Auch Copilot hat mir das Alter von 35 Jahren für seine Berechnungen verpasst. Die weiteren Annahmen unterschieden sich dann aber deutlich von denen, die ChatGPT gemacht hatte. Copilot hat zum Beispiel fix einen jährlichen Kapitalbedarf von 36.000 EUR angenommen und als Zeitraum, für den das Kapital reichen muss, lediglich die Zeit zwischen dem Beginn des selbstfinanzierten Ruhestands (also mit 50) und der gesetzlichen Rente (mit 67) zugrunde gelegt. Es wurde also nur mit 17 Jahren privater Rente von 50 bis 67 geplant. Danach wird unterstellt, dass ich ab dem 67. Lebensjahr zu 100% von seiner Rente leben kann/möchte. Als Rendite wurden 6-7% angenommen. Zur Inflation kamen keine Anmerkungen.

    Im Ergebnis kam ChatGPT zu dem Ergebnis, dass ich ca. 1 Mio. EUR ansparen müsste, um mit 40.000 EUR jährlichem Geldbedarf über die Runden zu kommen. Bei Copilot waren es für die 17 Jahre bis zur gesetzlichen Rente 600.000-800.000 EUR, die bereits einen gewissen Sicherheitspuffer beinhalten.

    ChatGPT kam außerdem zu dem Schluss, dass das Ziel, mit 50 in den Ruhestand zu gehen, mit einem Einkommen von 50.000 EUR (unter den gesetzten Annahmen) kaum umsetzbar ist. Mit einem Einkommen von 100.000 EUR ist es zwar theoretisch umsetzbar, bedarf aber einer riesigen Disziplin, da man große Teile seines Einkommens direkt sparen muss.

    Auffällig war allerdings, dass ChatGPT bei einem jährlichen Einkommen von 100.000 EUR ein monatliches Nettoeinkommen von 8.300 EUR ausgerechnet hat. Nach unserer Rechnung ist das das Bruttoeinkommen (100.000 / 12). Offenbar kennt ChatGPT das deutsche Steuerrecht zu schlecht und von Sozialabgaben fehlt auch jede Spur. Die Aussage, dass man mit 100.000 EUR das Ziel erreichen kann, fängt also spätestens hier an zu bröckeln.

    Zugegeben, wir haben in unserer Aufgabenstellung nicht angegeben, ob wir von Brutto- oder Nettoeinkommen sprechen. Da in Deutschland jedoch in der Regel das Bruttoeinkommen genannt wird, haben wir die Frage so gestellt, wie sie vermutlich die meisten Menschen auch stellen würden. Dadurch scheint es mit ChatGPT allerdings zu einem Missverständnis gekommen zu sein, dass von ChatGPT auch nicht weiter hinterfragt oder aufgeklärt wurde.

    Kommen wir zum Copilot. Er sieht bei beiden Einkommen die berechtigte Möglichkeit, die 17 Jahre bis zur gesetzlichen Rente zu überbrücken. Zugegeben, mit der Annahme, nur 17 Jahre überbrücken zu müssen, vergleichen wir gerade Äpfel (Berechnung von ChatGPT) mit Birnen (Berechnung von Copilot). Es geht uns aber um die Glaubwürdigkeit und Qualität der einzelnen Antworten an sich und nicht um die direkte Vergleichbarkeit. Wenn Copilot also zunächst andere Annahmen trifft als ChatGPT ist das legitim.

    Je nach angestrebter Kapitalhöhe gibt Copilot als monatlich notwendige Sparrate 2.150 EUR bis 3.200 EUR vor. Wie man bei einem jährlichen Bruttoeinkommen von 50.000 EUR monatlich 2.150 EUR zur Seite legen kann, erschließt sich uns jedoch nicht. Offenbar gibt es auch mit Copilot das Missverständnis, ob wir die genannten 50.000 EUR bzw. 100.000 EUR jährliches Einkommen als Brutto- oder Nettowert gemeint haben.

    Im Endergebnis stellen wir daher fest, dass sowohl ChatGPT als auch Copilot diverse Fallstricke besitzen, in die man hineinlaufen kann. Viele davon kann man durch die richtige Fragestellung bestimmt lösen (man spricht hier von dem richtigen “Prompting” oder “Prompt Engineering”). Außerdem besteht auch immer die Möglichkeit, seine Fragestellung im weiteren Chat-Verlauf mit den Tools weiter zu konkretisieren, was wir hier nicht getan haben, aber besonders für KI-Laien dürfte es schwierig sein, ihre Anforderungen so präzise zu formulieren und die Ergebnisse der KI-Tools so zu interpretieren, dass man diese Fallstricke gezielt vermeidet oder zumindest erkennt.

    Wenn man also mit bestem Gewissen und den eigenen Annahmen (also zum Beispiel das Jahreseinkommen als Bruttoeinkommen meint) die Frage nach der Finanzplanung so stellt, wie wir sie gestellt haben und die Antworten ohne weitere Rückfragen oder Präzisierungen akzeptiert, wird man schnell vor die Wand laufen.

    Natürlich gibt es ein ähnliches Risiko, wenn man seine Frage bei Google eingibt und auf einem ominösen Finanz-Blog landet, der unseriöse Tipps gibt. Aber bei Google bekommt man immerhin eine ganze Liste an Ergebnissen zurück. Bei ChatGPT und Co. bekommt man genau eine Antwort, die man schnell als die einzig wahre interpretieren kann. Hier ist also Vorsicht angebracht. Kleiner Tipp: Nutze ChatGPT, Copilot und andere KI-Chats als Ergänzung zu deiner sonstigen Recherche, aber niemals als einzige Quelle für Informationen.

    Allgemeine Fragen

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    Zum Abschluss noch die halb-ernste Frage, wie man Millionär wird. Kann mir ein KI-Chat wirklich den geheimen Schlüssel zu finanzieller Unabhängigkeit liefern?

    Wir können es kurz machen - NEIN!

    Sowohl bei ChatGPT als auch Copilot war die Antwort an Allgemeinheit kaum zu übertreffen. Man solle mehr Geld verdienen als man ausgibt. Man braucht eine klare Strategie. Man sollte am besten ein Unternehmen gründen oder sich selbstständig machen.

    Auch beim weiteren Nachbohren (Welches Unternehmen soll ich gründen? Womit sollte ich mich selbstständig machen?) kamen leider immer nur sehr allgemeine Antworten zurück. Die Geschäftsidee sollte skalierbar sein und zu mir und meinen Fähigkeiten passen.

    Das Ergebnis unseres Versuchs

    Zusammenfassend muss man feststellen, dass ein allgemeiner KI-Chat wie ChatGPT oder Copilot leider auch nur allgemeine Antworten liefert. Im schlimmsten Fall liefert er aber auch missverständliche und irreführende Antworten. Die Formulierung der richtigen Fragen, die korrekte Interpretation der Antworten und das gezielte Nachfragen und Präzisieren von Unklarheiten sollten geübt werden.

    Besonders auffällig waren in diesem Zusammenhang die Antworten auf unsere Finanzplanung. Hier kamen Werte und Empfehlungen raus, die wir so nicht tragen würden. Vielleicht lag es an der falschen Annahme der beiden Tools, dass sie das genannte Einkommen als Nettoeinkommen interpretiert haben, obwohl es als Bruttoeinkommen gemeint war.

    Wer selbst gezielt herausfinden möchte, mit wie viel Geld man vorzeitig in den Ruhestand gehen kann, der darf gerne unseren Ruhestands-Kalkulator benutzen: https://tagesgeld-ueberblick.de/meinung/mit-wie-viel-geld-kann-man-vorzeitig-in-den-ruhestand-gehen.

    Welche Tools sollte ich als Privatanleger jetzt einsetzen?

    Wie sich gezeigt hat, gibt es für Privatanleger leider nicht so viele (gute) Möglichkeiten, sich beim Thema Finanzen unterstützen zu lassen. Am einfachsten kann man auf die genannten Robo-Advisor zurückgreifen (die wir uns in Zukunft auch noch genauer anschauen werden).

    Aber Achtung: Nicht in jedem Robo-Advisor steckt automatisch auch KI drin. Wobei der Einsatz von KI nicht zwangsläufig zu einem besseren Ergebnis führen muss. An vielen Stellen wird vermutlich vor allem aus Prestige- und “Mode”-Gründen mit KI geworben.

    Tatsächlich gibt es (zumindest noch) keinen Beweis, dass KI substantiell bessere Renditeergebnisse erzielt als ein üblicher Marktdurchschnitt. Im Podcast “KI verstehen” vom Deutschlandfunk wird von einem deutschen Fonds berichtet, der bereits seit 1994 auf KI setzt, um die richtigen Aktien zu kaufen. Dafür wurde ein eigenes KI-Modell entwickelt, dessen Training über 1 Mio. EUR gekostet hat. Fazit war allerdings, dass dieses Modell in etwa so gut performt hat wie der gern genommene Vergleichsindex MSCI World (die Trainingskosten von 1 Mio. EUR noch unberücksichtigt).

    Begründung: Die KI ist eben auch nur so schlau, wie es die Daten der Vergangenheit zulassen, mit der sie trainiert wird. Auf neue, unvorhergesehene Situationen kann sie damit nur bedingt richtig reagieren. Und damit kann sie in solchen Fällen eben auch nicht schlauer sein beziehungsweise richtiger handeln als ein Mensch.

    Das gleiche Bild zeigte sich aber auch bei den anderen Fragen nach den Investitionstipps oder wie man Millionär wird. Die KI hat einfach ihre bekannten Daten durchsucht, um eine Antwort zu formulieren. Sie griff also im Wesentlichen auf öffentliche Informationen aus dem Internet zurück (denn damit werden diese großen LLMs in der Regel gefüttert). Die Antworten waren daher nichts anderes als eine frei formulierte Zusammenfassung dieser Informationen.

    Aber genau dazu kann man auch als Privatperson diese Tools gut einsetzen. Informationen, die man sich sonst mühsam zusammensuchen muss, zusammenfassen lassen. Oder sich Quellen für weitere Informationen ausgeben lassen. Also die Antworten der Tools nutzen, um selbst weitere Antworten zu recherchieren.

    Neben den ausprobierten Tools, gibt es auch zahlreiche Spezialtools, die mittels KI genau solche Finanzinformationen bereitstellen. Wer hier eine Liste haben möchte, gibt bei ChatGPT und Co. zum Beispiel ein: “Nenne mir KI-Tools, die mir Unternehmensdaten zusammenstellen, damit ich meine Kaufentscheidung für eine Aktie vorbereiten kann.”

    Als letztes sei erwähnt, dass es natürlich auch diverse andere kleine Helfer mit KI gibt, die mir zum Beispiel beim Sparen helfen, in dem sie mir passende Budgets ermitteln (ist etwa in einigen Banken-Apps integriert), meine Steuererklärung optimieren oder mir andere Spartipps anhand meiner üblichen Ausgaben geben. Da wir jedoch keines dieser Tools gezielt getestet haben und die Liste dieser Tools ständig wächst, verzichten wir an dieser Stelle auf eine Auflistung. Nutz gerne einen KI-Chat, um dir passende Helfer rauszusuchen 😉