Was ist Inflation?
Und welche Auswirkungen hat sie auf mein Erspartes?
10.10.2023
Rubrik: Wissen
Autor: Markus Gäth
Jeder kennt das: Vor ein paar Jahren kostete die Kugel Lieblingseis noch einen Euro (oder ein bisschen mehr oder weniger). Und heute? Heute ist der Preis deutlich höher und man sehnt sich nach der guten alten Zeit und den guten alten Preisen (von Spritpreisen will ich gar nicht erst anfangen 😉). Aber was ist da passiert in der Zwischenzeit? Warum werden Dinge im Laufe der Zeit immer teurer? Welche Mechanismen spielen dabei eine Rolle? Oder möchten die Eisverkäufer dieser Welt einfach nur immer mehr Geld verdienen (die Frage soll nur provozieren und die Antwort lautet natürlich nein – aber das Beispiel Eis macht die eigentliche Fragestellung hoffentlich ein wenig greifbarer)?
Inhalt
- Grundlagen – wie funktioniert eigentlich Geld
- Warum es immer mehr Geld gibt
- Gründe für Inflation
- Was ist Deflation und warum ist zu viel davon genauso schädlich wie zu hohe Inflation
- Die Rolle der Zentralbank(en)
- Warum (ein wenig) Inflation sogar gewünscht ist
- Welchen Einfluss hat die Inflation auf meine Anlagestrategie
Grundlagen – wie funktioniert eigentlich Geld
Um im Weiteren das Thema Inflation besser zu verstehen, lohnt sich ein kleiner Abstecher in die Theorie hinter dem Geld. Denn so selbstverständlich wie wir alle mit Geld umgehen (klar, der eine vielleicht cleverer als der andere aber alle doch irgendwo selbstverständlich) so komplex ist doch dieses Konstrukt. Denn Geld ist nicht nur einfach das Geldstück oder der Gelschein, den wir in der Hand halten. Die Münzen und Scheine sind lediglich die Repräsentanten des Geldes.
Geld ist im Grunde nichts anderes als ein Versprechen. Du gibst mir heute etwas, das ich brauche (einen Gegenstand, etwas zu Essen oder deine Arbeitsleistung) und dafür gebe ich dir ein Stück Papier (um bei dem Beispiel eine Gelscheins zu bleiben) und ich verspreche dir, dass du morgen mit diesem Stück Papier von mir oder jemand anderem etwas zurückbekommst.
Je mehr Menschen dieses Versprechen akzeptieren und dabei sogar mitmachen, desto besser funktioniert es. Wenn eine Person dieses Versprechen nicht akzeptiert, wird er mir für mein Geld auch nichts geben. Dann könnte ich ihm höchstens etwas anderes zum Tausch anbieten (womit wir dann in der Zeit vor dem Geld wären, als Menschen tatsächlich Gegenstände, Nahrung und Arbeitsleistung gegen andere Gegenstände, Nahrung oder Arbeitsleistung getauscht haben).
Der Haken beim Tauschen ist allerdings, dass man zufällig etwas im Angebot haben muss, was die Gegenpartei in diesem Moment auch braucht oder akzeptiert. Ansonsten wird es zu keinem Tausch kommen. Geld (bzw. das Versprechen hinter dem Geld) löst dieses Problem.
Dass allein das Vertrauen in ein Versprechen als Geld bzw. Währung funktioniert, zeigen Kryptowährungen (vgl. Wikipedia). Diese haben keinerlei physische oder sonstige Gegenwerte. Sie funktionieren ausschließlich auf dem Vertrauen der Menschen, irgendwann einen Gegenwert (in diesem Fall wieder “echtes” Geld oder auch Fiatgeld (vgl. Wikipedia) genannt) für ihr Kryptogeld zu bekommen.
Warum es immer mehr Geld gibt (auch wenn das eigene Portemonnaie immer leer ist 😉)
Da Geld nur ein Versprechen ist, gibt es für Geld auch keine natürliche Obergrenze. Leute können immer mehr Versprechen eingehen bzw. akzeptieren. Und genau das ist daher auch bei Geld möglich.
Das hat allerdings nur bedingt etwas mit der tatsächlich gedruckten bzw. geprägten Menge an Geldnoten zu tun. Diese beträgt zwar im Jahr 2023 ca. 1,5 Billionen Euro (Quelle: Bundesbank). Die gesamte Geldmenge an Euro - wobei hier einmal die Geldmenge „M3“ (vgl. Wikipedia) herangezogen werden soll - beträgt im Jahr 2023 dagegen 16 Billionen (Quelle: Statista). Es sind also nicht einmal 10% des gesamten in Euro bewerteten Geldes auch wirklich in Bargeld im Umlauf. Der Rest ist quasi nur fiktiv in Form von Bits und Bytes auf irgendwelchen Konten und Depots vorhanden.
Warum wird Geld dadurch jetzt immer mehr? Vereinfacht ausgedrückt, funktioniert das in etwa so. Ein Kunde geht zu einer Bank, fragt nach einem Kredit und verspricht, diesen im Laufe der Zeit plus Zinsen zurückzuzahlen. Die Bank notiert sich dieses Versprechen und gibt dem Kunden den Kredit bzw. das Geld. Und wenn die Bank selber kein Geld hat, geht sie zur Zentralbank und leiht sich dort das Geld. Und wenn die Zentralbank kein Geld mehr hat? Na dann macht sie einfach neues. Sie schreibt das Versprechen der anderen Bank in ihre Bücher, dass sie den Kredit an die Bank zurückgezahlt bekommt. Beide Banken notieren sich also wieder ein Versprechen. Dadurch funktioniert der Kreislauf.
Dass im Rahmen dieses Kreislaufes immer mehr Geld in Umlauf gerät, ist dabei durchaus gewollt. Denn mehr Geld im Umlauf bedeutet, dass die Wirtschaft funktioniert. Die Menschen und Unternehmen erzeugen mit Hilfe der Kredite, die ihnen die Banken geben, wirtschaftliche Werte, mit denen sie dann ihre Kredite zurückzahlen.
Gründe für Inflation
Wenn immer mehr Geld im Umlauf ist und sich die Menschen damit immer mehr leisten können, steigen allerdings auch die Preise. Ursache dafür ist bei steigender Nachfrage die sinkende Verfügbarkeit von Artikeln. Aus Corona-Zeiten kennt man das vielleicht noch vom Klopapier. Als alle Menschen sich damit eingedeckt haben und Regale leer waren, wurde das restliche verfügbare Klopapier immer teurer. Auch Handwerksleistungen wurden in Corona-Zeiten immer teurer, da sie viel nachgefragt wurden und kaum freie Kapazitäten am Markt verfügbar waren. In der Theorie wird das durch die Angebots- und Nachfragegleichung beschrieben (vgl. z.B. Marktgleichgewicht – Wikipedia).
Das bedeutet im Umkehrschluss aber auch, dass die Inflation sowohl durch die Nachfrageseite als auch durch die Angebotsseite beeinflusst werden kann. Denn das Angebot kann nicht nur durch eine gestiegene Nachfrage sinken, sondern auch durch andere Faktoren wie teurere Produktionskosten oder Ressourcenengpässe.
Was ist Deflation und warum ist zu viel davon genauso schädlich wie zu hohe Inflation
Das Gegenteil von Inflation ist die Deflation. Die Inflation ist mathematisch gesehen nichts anderes als ein negatives Vorzeichen vor der Inflationsrate. Praktisch gesehen bedeutet das, dass Preise sinken.
Der geneigte Leser dürfte jetzt denken: „Prima, wenn die Preise mal sinken kann ich mir mehr leisten!“ Kurzfristig könnte das auch stimmen sein. Volkswirtschaftlich betrachtet (schaut man also auf das gesamte Land) hat eine Deflation allerdings ganz eigene Nachteile.
Sinken die Preise, sinken auch die Erträge eines Unternehmens. Dadurch stehen sie unter Kostendruck und müssen vermutlich sogar Mitarbeiter entlassen. In der Folge sinkt auch das Durchschnittseinkommen der Bevölkerung und die Kaufkraft nimmt ab. Durch die abnehmende Nachfrage verkaufen die Unternehmen wiederum weniger Waren und ihre Erträge sinken weiter. So entsteht eine regelrechte Abwärtsspirale, die im Zweifel nur schwer aufzuhalten ist.
Die Rolle der Zentralbank(en)
Eine entscheidende Rolle bei der Bekämpfung von (zu viel) Inflation und Deflation spielen die Zentralbanken (im Euroraum insbesondere die Europäische Zentralbank, EZB). Durch gezielte Veränderungen der Zinsen kann die EZB versuchen, die Nachfrageseite zu beeinflussen. Die EZB verändert dazu die [EZB-Leitzinsen](Leitzins – Wikipedia). Das sind die Zinssätze, zu denen andere Banken Geld bei der EZB einlagern oder sich leihen können. Diese Zinssätze geben die Banken dann an ihre Kunden weiter. Das geht mal schneller und mal langsamer.
Erhöht die EZB die Leitzinsen führt dies über kurz oder lang zu höheren Zinsen für Privatkunden und Unternehmen. Hohe Zinsen führen zu geringeren Investitionen, da die Leute und Unternehmen ihr Geld lieber anlegen als teure Kredite aufzunehmen. Dadurch sinkt die Nachfrage und die Inflationsrate sinkt.
Bei niedrigen Zinsen wird dagegen weniger gespart. Stattdessen wird mehr investiert und es werden häufiger Kredite aufgenommen (was die wiederum die Geldmenge im Markt erhöht). Dadurch steigt die Nachfrage nach Produkten und infolge steigen die Preise. Die Inflationsrate wird durch niedrige Zinsen also erhöht.
Grundsätzlich gilt allerdings, dass die Mittel der EZB immer nur indirekt sind. Durch die Leitzinsen beeinflusst sich immer nur das Investitions- bzw. Sparverhalten von Konsumenten und Unternehmen. Die Ursachen von Inflation bzw. Deflation kann die EZB nicht direkt bekämpfen.
Ein sehr greifbares Beispiel sind hier die gestiegenen Energiepreise im Kontext des Ukraine-Krieges. Gas als Energie wurde knapp und damit stieg der Preis (interessanter Weise auch von vielen anderen Energieformen – aber das ist eine andere komplexe Geschichte). Als Gegenmittel blieb der EZB nichts anderes übrig als nach und nach die Zinsen zu erhöhen, um die steigende Inflation einzudämmen.
Warum (ein wenig) Inflation sogar gewünscht ist
Das offizielle Ziel der EZB ist übrigens eine Inflationsrate von 2% (Quelle: Bundesfinanzministerium) (und nicht von 0%, wie man vielleicht vermuten könnte). Warum? Die Begründung dürfte darin liegen, dass eine Abwärtsspirale (Deflation) im Zweifel schlechter zu bekämpfen ist als eine Aufwärtsspirale (Inflation).
Auch wenn es zu der Zinspolitik der EZB und den anderen Möglichkeiten der EZB, Inflation und Deflation zu beeinflussen, unterschiedliche und sogar kontroverse Meinungen gibt, versuche ich hier eine Zusammenfassung vorzunehmen (aber bitte weder als Wertung noch als einzige Wahrheit verstehen – gerne aber als Anhaltspunkt, um sich weiter mit der Materie zu beschäftigen).
Wie wir gesehen haben, wird eine zu hohe Inflation mit hohen Zinsen bekämpft. Eine zu niedrige Inflation wird mit niedrigen Zinsen angekurbelt.
Während die EZB bei hoher Inflation ihre Leitzinsen theoretisch beliebig erhöhen könnte, wäre das bei einer Deflation im Zweifel nicht so einfach. Zuletzt hatte die EZB auf eine geringe Inflationsrate mit negativen Zinsen auf Einlagen reagiert. Banken, die ihr Geld also bei der EZB zwischenparken wollten, mussten hierfür eine „Strafe“ zahlen. Das sollte verhindern, dass das Geld zu lange zur Seite gelegt wird anstatt ausgegeben bzw. verliehen zu werden.
Ist eine Abwärtsspirale aber erst einmal im Gange, stellt sich auch für viele Unternehmen eine große Herausforderung. Sie müssten parallel zu den sinkenden Einnahmen auch ihre Kosten reduzieren. Bei vielen Unternehmen sind das auch und vor allem Personalkosten. Bei einer Deflation von 5% müssten die Gehälter aller Angestellten also um 5% reduziert werden.
Wer als Unternehmer einmal versucht hat, das Gehalt eines einzelnen Mitarbeiters zu reduzieren, weiß wie schwierig das sein kann – rechtlich und argumentativ. Das gleiche für die gesamte Belegschaft durchzuführen, macht es nicht leichter. Unternehmen würden also vermutlich bei einem anhaltenden Preisnachlas schnell unter Kostenproblemen leiden, die sich durch reduzierte Zinsen bei den Banken nur bedingt lösen ließen.
Die 2% Inflationsrate wird daher oft als ein Sicherheitspuffer bezeichnet, damit die EZB eine gewisse Zeit hat, um preisstabilisierende Maßnahmen zu ergreifen, bevor es zu einer Deflation kommt.
Welchen Einfluss hat die Inflation auf meine Anlagestrategie
Wir haben nun unterschiedliche Aspekte zum Thema Inflation kennengelernt:
- Inflation bezeichnet den Anstieg des allgemeinen Preisniveaus
- Inflation entwertet damit das Geld, sodass ich mir für denselben Betrag an Geld immer weniger leisten kann (Verlust von Kaufkraft)
- Ich muss fest damit rechnen, dass es auch langfristig eine Inflation geben wird, da es das Ziel der EZB ist, eine gewissen Inflation zu erhalten (aus genannten Gründen)
Wenn ich heute also 10 Euro in einen Sparstrumpf unter mein Kissen lege, muss ich damit rechnen, dass diese 10 Euro in ein paar Jahren nicht mehr dieselbe Kaufkraft haben, wie zu dem Zeitpunkt, als ich sie in den Strumpf gestopft habe. Spare ich mein Geld also irgendwo, wo ich keine Zinsen dafür erhalte, entwerte ich dadurch auf Dauer mein Kapital.
Die große Lektion aus der Betrachtung der Inflation ist also, dass ich mein Geld in jedem Fall dort anlegen sollte, wo es durch Zinsen oder andere Wertsteigerungen nicht an Kaufkraft verliert (oder sogar gewinnt).
(Da wir uns auf Tagesgeld-Überblick im Wesentlichen mit Tagesgeldern beschäftigen, beschränke ich mich im Weiteren auf Zinsanlagen.)
Gleichzeitig ist aber auch das Verhältnis zwischen der Inflationsrate und den Zinsen, die ich auf mein Kapital erhalte, entscheidend. Liegt die Inflationsrate dauerhaft höher als der Zinssatz auf mein Guthaben, verliere ich an Kaufkraft, obwohl die Zinsen mein Guthaben wachsen lassen.
Bei meiner Geldanlage sollte idealerweise am Ende (also auch unter Berücksichtigung der Inflation) eine positive Rendite bei rumspringen. Ich sollte in Summe mein Geld also so anlegen, dass die Zinsen höher sind, als die durchschnittliche Inflation. Gerade wenn es um eine langfristige Geldanlage geht, um zum Beispiel meine Rente zu finanzieren. Ansonsten verliere ich unterm Strich Kaufkraft. Dieser Umstand ist zwar schmerzhaft, da solche Geldanlagen nicht immer leicht zu finden sind, aber rein mathematisch ist dieser Fakt leider unumstößlich.
Mit kurz- bis mittelfristigen Geldanlagen, wie es Tagesgelder typischer Weise sind, ist es nicht immer möglich, die Inflationsrate dauerhaft zu übertreffen. Unsere Empfehlung ist daher auch, gerade bei größeren Geldbeträgen, nicht alles auf diese eine Anlageform zu setzen. Insbesondere bei längeren Anlagezeiträumen könnten zum Beispiel ETFs (vgl. Wikipedia) eine gute Ergänzung für das eigene Anlageportfolio darstellen.
Dennoch sollte ein Tagesgeldkonto in jedem Fall die Basis eines stabilen Anlageportfolios darstellen. Und gerade für kurz- und mittelfristige Sparvorhaben ist es aufgrund seines geringen Risikos und seiner hohen Flexibilität ein ideales Konstrukt.
Möchtest du mit deiner Tagesgeldanlage also möglichst wenig von einem inflationsbedingtem Wertverlust betroffen sein, achte bei der Wahl deines Tagesgeldkontos auf eine entsprechend attraktive Verzinsung, die die aktuelle Inflationsrate übersteigt oder zumindest nah an sie herankommt. Eine aktuelle Auflistung aktueller Tagesgeldzinsen findest du in unserem Tagesgeldvergleich.