Was ist ein Freistellungsauftrag?

Und warum ist er so wichtig?

22.03.2024

Rubrik: Wissen

Autor: Markus Gäth

Im Zusammenhang mit Geldanlagen stolpert man häufig über den Begriff des Freistellungsauftrags. Nicht selten ist den Anlegern allerdings gar nicht klar, was ein solcher Antrag überhaupt ist oder er wird schlicht vergessen. Und das kostet häufig bares Geld.

Im Überblick

Was ist ein Freistellungsauftrag?

Auf Kapitalerträge ist grundsätzlich eine Kapitalertragsteuer in Höhe von 25% plus Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer zu zahlen. Reiche ich bei einer Bank einen Freistellungsauftrag ein, führt diese keine Kapitalertragsteuern mehr an das Finanzamt ab, sofern die Erträge unterhalb der Freistellungssumme liegen.

Wie hoch darf der Freistellungsauftrag sein und wie hoch sollte er sein?

Ein Freistellungsauftrag kann bis maximal zur Höhe des Sparer-Pauschbetrags von 1.000 EUR (beziehungsweise 2.000 EUR für Ehepartner) gestellt werden. Solltest du mehrere Freistellungsaufträge erteilen, dürfen diese zusammen den Sparer-Pauschbetrag ebenfalls nicht überschreiten.

Kann ein Freistellungsauftrag nachträglich geändert werden?

Ein Freistellungsauftrag kann jederzeit und beliebig oft gestellt oder geändert werden. Für das aktuelle Kalenderjahr gilt der Freistellungsauftrag auch rückwirkend.

Was passiert, wenn der Freistellungsauftrag zu niedrig war?

Überschreiten die Kapitalerträge die Höhe des Freistellungsauftrags, führt die Bank auf die zusätzlichen Erträge die Kapitalertragsteuer an das Finanzamt ab. Solltest du dadurch am Jahresende zu viel Kapitalertragsteuer gezahlt haben, kannst du dir die zu viel gezahlten Steuern über die Steuererklärung wieder holen.

Was passiert, wenn der Freistellungsauftrag zu hoch war?

Wenn du einen Freistellungsauftrag erteilt hast, dieser unterhalb des Sparer-Pauschbetrags liegt und du ihn einfach nur nicht voll ausschöpfst, ist das absolut in Ordnung. Ein bisschen Puffer nach oben ist immer gut.

Hast du aber insgesamt zu hohe Freistellungsaufträge erteilt und übersteigst damit deinen Sparer-Pauschbetrag, solltest du dies schnellstmöglich ändern. Das Bundeszentralamt für Steuern prüft deine erteilten Freistellungsaufträge. Sollten diese zu hoch sein, drohen dir Strafen.

Grundlagen

Bevor wir auf die Details des Freistellungsauftrags und seine Funktionsweise eingehen, schauen wir erst einmal auf ein paar Grundlagen, die für das Verständnis wichtig sind. Ein Freistellungsauftrag macht nämlich nur Sinn, wenn man zuvor den Begriff der Kapitalertragsteuer verstanden hat.

Seit dem ersten Januar 2009 gilt in Deutschland nämlich der “Gesonderte Steuertarif für Einkünfte aus Kapitalvermögen” (§ 32d EStG - gesetze-im-internet.de). Dieser besagt vereinfacht, dass auch Privatanleger einen festen Anteil ihrer Kapitalerträge als Steuern abzugeben haben. Der Anteil beträgt genau 25% plus Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer. In Summe werden damit bis zu knapp 28% Steuern auf Zinsen und andere Kapitalerträge fällig (welche das genau sind, soll hier nicht abschließend aufgeführt werden und ist im Zweifel zu prüfen - übliche Erträge wie Dividenden und Erlöse Aktienverkäufen gehören allerdings dazu).

Die Kapitalertragsteuer wurde eingeführt, um die individuelle und damit recht komplexe Versteuerung zum persönlichen Steuersatz zu vereinfachen. Statt seine Kapitalerträge also erst bei seiner Steuererklärung anzugeben, um dann vom Finanzamt mitgeteilt zu bekommen, wie viel Steuern man denn zahlen muss, wurde ein Pauschalwert von 25% eingeführt. Damit war unmittelbar klar, welchen Anteil man an das Finanzamt zu zahlen hat. Außerdem sollten ab sofort die Banken die fälligen Steuern direkt einbehalten und das Finanzamt abgeben. Auf die Angabe der Kapitalerträge in der Steuererklärung kann dadurch in den meisten Fällen komplett verzichtet werden.

Diese Gestaltung der Kapitalertragsteuer hatte gleichzeitig den netten Nebeneffekt, dass gewiefte Finanzjongleure und steueroptimierte Unternehmen, deren persönlicher Steuersatz oft deutlich unter dem des Otto Normalverbrauchers lag, nun auch den vollen Steuersatz zahlen mussten. Steuerschlupflöcher sollten damit geschlossen werden.

Neben der Kapitalertragsteuer kommt nun ein weiterer steuerlicher Umstand für Privatanleger ins Spiel: Der Sparer-Pauschbetrag. Dieser beträgt seit 2023 genau 1000 EUR pro Person. Der Sparer-Pauschbetrag gibt die Höhe an, bis zu der ein Privatanleger Einkünfte aus Kapitalanlagen nicht versteuern muss. Kapitalerträge bis zu 1000 EUR sind damit also steuerfrei. Der Sparer-Pauschbetrag wird grundsätzlich bei der Bearbeitung der Steuererklärung vom Finanzamt berücksichtigt. Erst Kapitalerträge darüber werden mit der Kapitalertragsteuer belegt.

Steuerfreie Abkürzung mit dem Freistellungsauftrag

Unter Berücksichtigung des Sparer-Pauschbetrags kann es nun zu zwei Szenarien kommen:

  • Die Kapitalerträge eines Jahres sind höher als Sparer-Pauschbetrag und man muss tatsächlich Steuern auf die Erträge zahlen, die über 1.000 EUR hinausgehen.
  • Die Kapitalerträge liegen unterhalb des Sparer-Pauschbetrags und es werden keine Steuern fällig.

Für das zweite Szenario kommt jetzt der Freistellungsauftrag ins Spiel. Denn in beiden Szenarien ist die Bank grundsätzlich verpflichtet, die Kapitalertragssteuern direkt einzubehalten und an das Finanzamt zu überweisen.

Ich als Kunde kann mit Hilfe des Freistellungsauftrags die Bank allerdings beauftragen (daher der Begriff Freistellungsauftrag), dass sie meine Kapitalerträge bis zu einer bestimmten Höhe nicht versteuern soll. Diese Höhe kann maximal 1.000 EUR betragen - also genau die Höhe des Sparerpauschbetrags.

Erteile ich der Bank also einen Freistellungsauftrag, sagen wir in Höhe von 500 EUR, zahlt mir die Bank alle Kapitalerträge bis zu der Höhe des Freistellungsauftrags, in unserem Beispiel 500 EUR, voll aus. Hätte ich den Freistellungsauftrag nicht erteilt, würde die Bank von all meinen Kapitalerträgen die Kapitalertragsteuer abziehen.

Da ich aber als Privatperson über einen Sparerpauschbetrag verfüge beziehungsweise diesen in meiner Steuererklärung geltend machen kann, müsste ich nun in meiner Steuererklärung relativ aufwändig alle meine Kapitalerträge erfassen und nachweisen. Danach müsste ich die Steuererklärung ans Finanzamt schicken und warten, bis meine Erklärung geprüft und mir die zu viel gezahlten Kapitalertragsteuern erstattet werden. Da können gerne ein paar Monate vergehen, bis ich mein Geld wieder bekomme. In dieser Zeit entgehen mir natürlich auch mögliche Zinsen, die ich auf die zu viel gezahlten Steuern bekommen hätte.

Durch die Erteilung eines Freistellungsauftrags erspare ich mir genau diesen “Ärger”. Indem ich der Bank sage, dass meine Kapitalerträge bis zu der angegebenen Höhe bitte nicht zu versteuern sind, bekomme ich meine Kapitalerträge bis genau zu dieser Höhe voll ausgezahlt. Ich muss diese dann auch nicht aufwändig in meiner Steuererklärung angeben und erhalte im besten Fall sogar noch Zinsen drauf, sollte das Geld zum Beispiel auf einem Tagesgeldkonto angelegt sein. Damit erspare nicht nur ich mir viel Arbeit, sondern auch der Bank, die dann nämlich keine Überweisung mehr ans Finanzamt durchführen muss.

Ich kann also bei einer Bank, bei der ich viele Kapitalerträge erwarte (z.B. in Form von Zinsen oder Dividenden), einen Freistellungsauftrag über 500 EUR erteilen, bei der nächsten einen über 200 EUR und bei der letzten einen über 100 EUR. Macht in Summe 800 EUR.

Das passt ganz gut. Ich sollte bei der Erteilung von Freistellungsaufträgen nämlich mit Augenmaß vorgehen. Denn es gibt einen Umstand, den ich unbedingt bei der Erteilung von Freistellungsaufträgen beachten muss. Die Summe meiner Freistellungsaufträge darf nicht die Höhe meines Sparerpauschbetrags überschreiten. Ich darf also nicht einfach 10 Freistellungsaufträge à 500 EUR erteilen und mich am Ende über 5.000 EUR steuerfreie Kapitalerträge freuen.

Es reicht auch nicht, das zu unrecht steuerfrei ausgezahlte Kapital nachträglich über die Steuererklärung zu versteuern. Das Finanzamt prüft nämlich die Freistellungsaufträge. Und wenn es dabei feststellt, dass man seinen Sparerpauschbetrag überschritten hat, drohen Strafen.

Es heißt also, die Freistellungsaufträge im Blick zu behalten. Von meinen Banken bekomme ich in jedem Fall keinen Hinweis. Da die Banken wie erwähnt nicht untereinander reden (dürfen), können sie auch gar nicht feststellen, dass ich zu hohe Freistellungsaufträge erteilt habe. Daher liegt es alleine in meiner Verantwortung, die Summe meiner Freistellungsaufträge zu kontrollieren.

Ich sollte daher also nicht einfach aus Bequemlichkeit überall 1.000 EUR Freistellungsauftrag hinterlegen. Das könnte am Ende ziemlich teuer werden. Stattdessen sollte man besser wie im obigen Beispiel gesund abschätzen, wie hoch die Kapitalerträge pro Bank in etwa sein werden. Und sollte man dann nicht die gesamten 1.000 EUR auf Freistellungsaufträge verteilt haben, ist das ein guter Puffer, um zukünftig weitere Freistellungsaufträge zu erteilen oder vorhandene zu erhöhen.

Wie kann ich einen Freistellungsauftrag erteilen?

Ein Freistellungsauftrag kann klassisch per Brief oder in der Regel auch digital erteilt werden. Soll der Freistellungsauftrag per Brief erteilt werden, muss dieser folgende Angaben enthalten:

  • Anschrift des Empfängers
  • Vollständiger Name und Anschrift des Antragstellers
  • Die eigene Steueridentifikationsnummer (Steuer-ID)
  • Sollte der Freistellungsauftrag gemeinsam mit dem Ehepartner erteilt werden, dann sind auch für diesen Name, Anschrift und Steuer-ID zu ergänzen
  • Höhe der gewünschten Freistellung (bis maximal 1.000 EUR als Einzelperson oder 2.000 EUR für Ehepartner)
  • Gewünschte Gültigkeitsdauer (also entweder ein konkretes Enddatum angeben oder zum Beispiel eine Formulierung wie “bis auf Weiteres” oder noch deutlicher “so lange, bis Sie einen anderen Auftrag von mir / uns erhalten”)

Damit die Bank (oder wem auch immer der Freistellungsauftrag erteilt werden soll) das Schreiben besser zuordnen kann, sollte noch Angaben, die dich als Auftragserteiler schneller zuordenbar machen. Das sind wäre insbesondere eine

  • Kunden- und/oder Kontonummer.

In vielen Fällen bieten Banken aber die Möglichkeit, einen Freistellungsauftrag digital zu erteilen. Je Bank kann dies zum Beispiel über das Online-Portal und/oder über die Smartphone-App der Bank erfolgen.

Bis wann muss ich einen Freistellungsauftrag erteilen?

Ein Freistellungsauftrag kann grundsätzlich jederzeit gestellt oder geändert werden. Es gibt also keine Obergrenze, wie oft ein Freistellungsauftrag erhöht oder verringert werden kann.

Der eingereichte Freistellungsauftrag gilt prinzipiell für das gesamte laufende Kalenderjahr. Er kann also auch nachträglich erteilt werden und hat dann rückwirkende Wirkung. Allerdings gibt es eine Frist, bis wann der Auftrag bei der Bank eingereicht werden muss. Diese liegt in der Regel ein paar Tage vor Jahresende, damit die Bank den eingegangenen Auftrag noch verarbeiten kann. Die genaue Frist sollte im Zweifel bei der jeweiligen Bank erfragt werden.

Durch das nachträgliche Einreichen eines Freistellungsauftrags kann es auch zu Rückerstattungen durch die Bank von bereits abgezogenen Steuerzahlungen kommen. Hier ist vor allem entscheidend, dass die Bank noch keinen Steuerbescheid zu den bereits abgerechneten Kapitalerträgen erstellt hat.

Was ist zu tun, wenn für die Kinder gespart wird?

Da auch Kinder über einen Sparerpauschbetrag verfügen, können auch für Sparanlagen, die auf den Namen des Kindes laufen, Freistellungsaufträge erteilt werden. Diese sind von den Eltern zu unterschreiben. Ebenso ist die Steueridentifikationsnummer des Kindes auf dem Freistellungsauftrag anzugeben. Diese Nummer erhalten Eltern für ihr Kind per Brief vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). Sollte keine Steuer-ID für das Kind vorliegen, kann sie beim BZSt angefordert werden.

Was ist die Nichtveranlagungs-Bescheinigung?

Sollte dein Jahreseinkommen unterhalb des Grundgreibetrags liegen, kannst du eine Nichtveranlagungsbescheinigung (NV-Bescheinigung) bei deinem Finanzamt beantragen. Der Grundfreibetrag wird jährlich vom Finanzministerium an die aktuelle Entwicklung der Lebenshaltungskosten angepasst. In 2024 liegt der Grundfreibetrag zum Beispiel bei 11.604 EUR.

Um eine NV-Bescheinigung zu erhalten, ist beim Finanzamt ein “Antrag auf Ausstellung einer Nichtveranlagungs- (NV-) Bescheinigung” zu stellen. Dabei müssen sämtliche Einkünfte angegeben und nachgewiesen werden.

Die NV-Bescheinigung gilt 3 Jahre und erspart einem in dieser Zeit die Erstellung einer Steuererklärung. Reicht man die NV-Bescheinigung bei seiner Bank ein, führt diese keine Kapitalertragsteuer mehr ans Finanzamt ab. Für Personen mit Einkommen unterhalb des Grundfreibetrags (zum Beispiel Studenten oder Rentner) lohnt sich eine NV-Bescheinigung damit sehr.

Zusammenfassung

Ein Freistellungsauftrag ist ein sinnvolles und wichtiges Werkzeug, um Steuern und Aufwand zu sparen. Erteilst du rechtzeitig einen Freistellungsauftrag, führt deine Bank erst gar keine Kapitalertragsteuer ans Finanzamt ab und du ersparst dir in der Steuererklärung die langwierige Auflistung deiner Kapitalerträge, um zu viel gezahlte Steuern erstattet zu bekommen.

Bei der Erteilung eines Freistellungsauftrags sind vor allem die Höhe und der Zeitpunkt zu beachten. Der Auftrag darf maximal so hoch wie der Sparerpauschbetrag sein - also 1.000 EUR für Einzelpersonen oder 2.000 EUR für Ehepartner. Solltest du mehrere Freistellungsaufträge erteilen, darf die Summe der Aufträge deinen Sparerpauschbetrag nicht überschreiten.

Außerdem solltest du deine Freistellungsaufträge vor Ablauf eines Kalenderjahres sortiert und eingereicht haben. Sobald die Bank dir eine Steuerbescheinigung über die abgerechneten Kapitalertragsteuern zuschickt, kannst du dir die Steuern nur noch über deine Steuererkärung zurückholen.

Wenn du also immer für ausreichend und rechtzeitige Freistellungsaufträge bei deinen Geldanlagen sorgst, ersparst du dir viel Arbeit. Vermeide das Risiko für zu viele oder besser gesagt zu hohe Freistellungsaufträge abgestraft zu werden. Hol dir im Zweifel dein Geld lieber mit deiner Steuererklärung zurück als Strafen zu riskieren.