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Wie kommen die Zinsen für Tages- und Fest­gelder zustande?

Und warum gibt es so große Unter­schiede zwischen den Banken?

27.05.2024

Rubrik: Wissen

Autor: Markus Gäth

Wir haben schon öfters über den Zusammenhang von Inflation, Konjunktur und den Zinsen auf Tages- und Festgelder informiert (zum Beispiel hier: Was ist Inflation). Aber welche Gedanken macht sich eine Bank konkret, wenn sie entscheidet, welche Zinsen sie auf ihre Tages- und Festgelder geben möchte? Und warum gibt eine Bank deutlich höhere Zinsen als eine andere? Wir werfen einen Blick drauf.

Im Überblick

Banken brauchen Geld

Banken benötigen Geld, um ihr Kerngeschäft - die Vergabe von Krediten - betreiben zu können. Dieses Geld treiben viele Banken mit Hilfe von Tages- und Festgeldern von ihren Kunden ein.

Die unterschiedlichen Wege der Geldbeschaffung

Je nach Umstand kann es für eine Bank günstiger sein, Geld direkt von ihren Kunden einzusammeln oder sich das Geld bei anderen Banken zu leihen. In beiden Fällen muss die Bank Zinsen zahlen - entweder an ihre Kunden oder an die Bank, von der sie sich Geld geliehen hat.

Mit Zinsen den Geldstrom steuern

Ist es für eine günstiger, sich Geld von anderen Banken zu leihen, wird sie die Zinsen auf ihre Tages- und Festgelder senken. Ist es für sie stattdessen günstiger, sich das Geld von ihren Kunden zu leihen, wird sie die Zinsen soweit erhöhen, dass mehr Kunden ihr Geld bei der Bank anlegen, sie aber immer noch weniger Zinsen zahlt als würde sie sich das Geld von einer anderen Bank leihen.

Zinsen werden immer schwanken

Da der Geldbedarf einer Bank regelmäßig schwanken wird, wird sie vermutlich auch immer mal wieder ihre Zinsen anpassen. Als Anleger muss ich daher die Zinsen auf meine Anlagen im Blick behalten und im Zweifel zu einem besser verzinsten Angebot wechseln.

Ein paar erste Gedanken

Bei der Anlage in Tages- und Festgelder sind für die Anleger die Zinsen meist das entscheidende Kriterium. Das Geld soll sich schließlich möglichst schnell vermehren. Über einen Online-Vergleich (wie wir ihn etwa für Tagesgeld und Festgeld anbieten) können die aktuellen Zinsen schnell miteinander verglichen und das Angebot mit dem höchsten Zinssatz gefunden werden.

Abgesehen davon, dass der Zinssatz bitte nicht das einzige Kriterium für die Auswahl des richtigen Tages- oder Festgelds sein sollte (wie wir es zum Beispiel hier beschreiben: So finde ich das beste Tagesgeldkonto), stellt sich aber die Frage, warum es bei den Zinsen so große Unterschiede gibt. Die höchsten Zinsen im Vergleich sind oft ein Vielfaches vom niedrigsten Zinssatz.

Die Banken, die diese unterschiedlichen Zinssätze anbieten, müssen also ein ganz eigenes Interesse bei der Bestimmung ihrer Zinsen verfolgen. Würden sie sich stattdessen alle nach dem gleichen Parameter wie dem EZB-Leitzins (dem Leitzins der Europäischen Zentralbank) orientieren, müssten die Zinssätze alle in etwa gleich hoch sein.

Tatsächlich stellt der EZB-Leitzins zwar eine Art Obergrenze dar, aber darunter gibt es eine Vielzahl von Zinsangeboten auf Tages- und Festgelder. Viele Banken sind also nicht bereit, einen Spitzenzinssatz auf ihre Angebote zu geben.

Hat jede Bank Tages- und Festgelder?

Weiterhin kann man feststellen, dass diverse Banken gar keine Tagesgelder und auch gar keine Festgelder anbieten. Tages- und Festgelder werden also nur ganz gezielt eingesetzt, sind aber längst kein Muss für eine Bank - wenngleich natürlich viele Banken, die im Privatkundenbereich unterwegs sind (das sogenannte Retail Banking) Tages- und vor allem Festgelder im Angebot haben.

Wenn wir aber zum Beispiel klassische Autofinanzierer anschauen (Banken, die sich auf die Finanzierung von Autokrediten spezialisiert haben), haben diese oft kein Einlagengeschäft. Das bedeutet, dass man als Kunde sich zwar Geld bei diesen Banken leihen kann, aber sein eigenes Geld dort anlegen geht nicht.

Warum nehmen also einige Banken mein Geld an und andere nicht? Diese Frage lässt sich dadurch beantworten, indem man sich anschaut, wofür meine Bank mein Geld verwendet, das ich bei ihr eingezahlt habe.

Denn der Glaube, mein Geld liegt dort irgendwo in einem sicheren Tresor rum und wartet darauf, dass ich es wieder abhebe, ist mehr als falsch und überholt. Natürlich sind Tresore heutzutage längst Computern und Rechenzentren gewichen, aber auch hier liegt mein Geld nicht einfach so auf einer Festplatte rum.

Stattdessen arbeiten die Banken aktiv mit dem Geld, das ihnen zur Verfügung steht. Denn das eigentliche Geld verdienen Banken hauptsächlich mit Krediten (besser gesagt mit den Zinsen, die sie auf die Kredite bekommen) und Investitionen (die mal mehr und mal weniger spekulativ ausfallen können).

Wozu brauchen Banken Tages- und Festgelder?

Eine Bank benötigt also Geld, um Kredite zu vergeben oder es möglichst gewinnbringend irgendwo zu investieren. Um an dieses Geld zu kommen, gibt es mehrere Möglichkeiten.

Die Bank kann sich das Geld bei einer Zentralbank leihen. Diesem Geschäft liegt oft ein bestimmter Leitzins (wie der bereits erwähnte EZB-Leitzins) zugrunde. Es kostet die Bank also selbst auch Zinsen, wenn sie sich hier Geld leiht.

Häufig finden solche Leihgeschäfte auch direkt zwischen zwei Banken statt. Der Zinssatz dafür kann individuell ausgehandelt werden, orientiert sich aber üblicherweise auch an entsprechenden Zinsindizes (wie dem LIBOR: boerse-frankfurt.de: LIBOR (London Interbank Offered Rate)).

Neben anderen Geldbeschaffungsmöglichkeiten nutzen viele Banken aber eben unser Geld - das Geld von Privat- und Geschäftskunden. Wir zahlen Geld auf ein Konto ein oder legen es fest an und bekommen dafür Zinsen. Die Bank benutzt dieses Geld dann, um zum Beispiel anderen Kunden Geld zu leihen.

Möchte die Bank also ihr Kerngeschäft betreiben, nämlich Kredite zu vergeben, dann braucht sie dafür Geld. Über die eben genannten Wege kann eine Bank dieses Geld beschaffen. Für welchen Weg sich eine Bank letztlich entscheidet, hängt maßgeblich davon ab, mit welchen Kosten die einzelnen Wege verbunden sind. Denn die Bank muss ja selbst auch Zinsen auf das geliehene Geld zahlen - entweder an die anderen Banken, von denen sie sich Geld leiht oder an ihre Kunden, von denen sie sich das Geld im Grunde auch nur leiht.

Warum die großen Unterschiede bei den Zinsen?

Anstatt zu fragen “Darf ich mir von dir Geld leihen?” lockt uns die Bank stattdessen mit attraktiven Zinsen, sodass wir ihr unser Geld ganz freiwillig geben. Die Höhe dieser Zinsen hängt aber wiederum an dem konkreten Geldbedarf der Bank und daran, wie günstig die Bank an anderes Geld kommt.

Kann sich eine Bank bei einer anderen Bank billiger Geld leihen, als sie für geliehenes Geld an ihre Kunden zahlen müsste, leiht sie sich das Geld natürlich lieber bei einer anderen Bank. In diesem Fall würde sie die Zinsen für ihre Tages- und Festgeldangebote vermutlich senken, damit nicht zu viele Kunden auf die Idee kommen, das Geld für hohe Zinsen anzulegen.

Ist es für eine Bank dagegen relativ teuer, sich bei einer anderen Bank Geld zu leihen, wird sie die Zinsen auf ihre Tages- und Festgeldangebote soweit anheben, dass sie ausreichend Kunden gewinnen kann, die ihr Geld dort anlegen.

Aus diesem Grund schwanken nicht nur die Zinsen von Bank zu Bank, sondern auch bei einer einzelnen Bank von Zeit zu Zeit. Das passiert nicht täglich, aber alle paar Wochen oder Monate schaut eine Bank auf ihre Geldreserven und leitet entsprechende Maßnahmen ein, um diese auf das gewünschte Niveau zu bringen (oder es dort zu halten).

Je nachdem wie dringend also der Geldbedarf ist, desto höher werden die Zinsen sein, die eine Bank ihren Kunden anbietet. Ist der Geldbedarf dagegen nicht so hoch oder ein anderer Beschaffungsweg günstiger, werden die Zinsen nach unten korrigiert.

Was muss ich bei der Anlage in Tages- und Festgeld beachten?

Aus diesem Grund gibt es auch selten Banken, die wirklich dauerhaft über Jahre hinweg immer Spitzenzinsen anbieten. Das würde nämlich bedeuten, dass sie ständig einen hohen Bedarf an Geld hat und diesen auch nicht anders bedienen kann.

Zum Schluss kommt aber natürlich auch die strategische Ausrichtung, die prozessuale Aufstellung und die Erfahrung einer Bank mit den unterschiedlichen Geldbeschaffungswegen ins Spiel. Einige Banken kommen wie gesagt vollständig ohne Einlagengeschäft aus. Sie verwalten also bewusst keine Kundengelder und besorgen sich das Geld durch andere Leihgeschäfte. Dafür sparen sie sich allerdings auch den Aufwand, den ein Kundengeschäft mit Geldeinlagen mit sich brächte.

Immerhin müssten die Kundenkonten verwaltet, Kundenanfragen beantwortet und das gesamte Einlagengeschäft gesteuert werden. Das ist aufwändig und kostet Geld, das zusätzlich verdient werden müsste.

Andere Banken haben vielleicht ein Einlagengeschäft, fahren hierüber aber keine aggressiven Marketingaktionen. Sparkassen (siehe hierzu unseren Artikel: Tages­geld bei der Spar­kasse) sind hier ein gutes Beispiel. Die meisten Sparkassen haben zwar Tagesgelder im Angebot, die Zinsen liegen aber in der Regel deutlich unter dem sonstigen Marktniveau.

Zusammenfassung

Tagesgeld- und Festgeldzinsen unterliegen regelmäßigen Schwankungen. Diese werden unter anderem von Leitzinsen und anderen Zinsindizes beeinflusst, aber letztlich immer sehr vom jeweiligen Bedarf der Bank nach Geld gesteuert. Als Anleger hat man hierauf keinen Einfluss. Im Zweifel hilft hier nur ein Bankenwechsel, sollten die eigenen Zinssätze zu sehr sinken. Da Tages- und Festgelder mittlerweile aber recht unkompliziert zu eröffnen sind, sollte das kein Problem sein. Es sollte jedoch immer ein Auge auf die angelegten Gelder geworfen werden, um zu prüfen, ob der eigene Zinssatz noch den Ansprüchen genügt.